Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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04JUN2020
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In den letzten Monaten habe ich viele ältere Menschen angerufen und mich einfach nach ihnen erkundigt. Gefragt, wie sie so zurechtkommen oder ob sie Hilfe brauchen. Zum Beispiel beim Einkaufen.

„Das ist lieb von Ihnen, aber das kann ich schon noch selbst,“ habe ich oft zu hören bekommen. Stimmt. Grundsätzlich können die meisten ja auch noch selbst einkaufen gehen und sich versorgen. Allerdings ist es gerade jetzt für ältere Menschen besser, die Geschäfte weitestgehend zu meiden.

In meiner Gemeinde haben wir darauf reagiert. Ruckzuck haben sich einige Pfadfinder und Messdiener bereit erklärt, einen Einkaufsdienst zu übernehmen. Ist doch Ehrensache! Das Problem: Es gibt kaum Menschen, die sich melden und den Dienst in Anspruch nehmen möchten. „Einkaufen kann ich schon noch selbst,“ heißt es dann.

Was so gut gemeint ist, klappt nicht. Vielleicht haben manche Angst, ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Aber offensichtlich fällt es vielen Menschen schwer, Hilfe anzunehmen. Anderen zu sagen, was ich brauche. Andere zu bitten, etwas für mich zu besorgen. Viele möchten niemandem zur Last fallen. Aber das mit der Last kann man ja auch anders sehen:

Die Jugendlichen machen das gern und freuen sich, etwas Sinnvolles zu tun. Außerdem ist es einfach auch ein gutes Gefühl, für andere etwas zu erledigen.

Annehmen, was andere mir Gutes tun wollen. Das ist gar keine Frage des Alters. Das ist vielmehr eine Haltung, die ich jederzeit einnehmen und einüben kann. Da ist die Post, die von der Kollegin mitgenommen wird. Oder der Kasten Wasser, den mir jemand ins Auto hebt. Klar, das kann ich auch alles selbst. Und doch ist es schön, wenn es auch mal andere für mich machen.

Und so habe ich auch eine andere Antwort gehört. Eine Frau sagt mir am Telefon: „Ich kann das zwar noch selbst, aber ich möchte würdigen, dass die Jugendlichen so engagiert sind. Und außerdem ist es ja auch vernünftig, wenn ich zuhause bleibe. Deshalb nehme ich die Hilfe gerne an und gehe morgens lieber eine Runde im Wald spazieren als in den Supermarkt.“

Schön, dass sie das so sieht!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30990
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