SWR2 Wort zum Tag

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28MAI2020
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Das ist immer ein bisschen ein riskantes Spiel:  die Gegner gegeneinander stellen, sie verwirren  und am Schluss gewinnen. Besonders geschickt ist das natürlich,  wenn eine der Parteien auf der Gegenseite wenigstens das Gefühl hat,  dass sie ja vielleicht doch auf meiner Seite stehen. Der Apostel Paulus hat das wenigstens einmal erfolgreich gemacht. Und dabei keineswegs getrickst,  sondern den damals neuen Glauben mit dem alten Glauben verbunden.

Paulus also steht vor Gericht,  weil er mit den Geschichten von Jesus als Messias angeblich den jüdischen Glauben und sein Volk und Jerusalem und den Tempel gleich mit zerstört.

Die Bibel berichtet davon in der Apostelgeschichte: Paulus nutzt aus, dass die Gerichtsversammlung aus zwei Parteien besteht: die einen glauben an ein Leben nach dem Tod, die anderen nicht. Und Paulus wendet sich an die eine Seite und gewinnt sie für sich.  Ich gehöre zu euch.  Ich glaube an die Auferstehung der Toten, wie ihr. Und wegen der Hoffnung und wegen der Auferstehung der Toten  stehe ich vor Gericht. Das spaltet die Versammlung.  Die andere Partei behauptet nämlich,  es gebe weder Auferstehung noch Engel noch Geist.  Also lautes Geschrei und theologische Debatten – und die stärkere Gruppe findet jetzt nichts Schlimmes mehr an diesem Menschen.  „Vielleicht hat doch ein Geist oder ein Engel zu ihm gesprochen,“ meinen sie jetzt.  Die Ordnungsmacht befürchtet, sie könnten Paulus im Streit zerreißen. Die Wachtruppe schafft ihn mit Gewalt in die Kaserne.

Glück gehabt – listig gewesen: ja, stimmt wohl. Vielleicht hat Paulus auch einfach etwas sehr Sinnvolles versucht. Statt zu betonen, wie sehr sich der neue Glaube vom alten unterscheidet, beruft er sich auf die Gemeinsamkeiten. Und erinnert wenigstens den größeren Teil des Gerichts-Rates daran, was sie doch eigentlich selbst glauben.

Das gilt immer noch: Alle dürfen gemeinsam daran glauben, dass Menschen  in ein neues Leben gehen, irgendwann; die Jesus-Leute – damals wie heute, glauben und wissen ganz konkret,  dass Jesus diesen Weg schon gegangen ist, als Erster und als Gottes Sohn;  und dass alle eingeladen sind, ihm durch Leben und Tod ins Leben zu folgen. Das ist viel mehr als eine taktische Finte vor Gericht –  es ist eine Einladung, daran wenigstens zu glauben zu versuchen. So eine Hoffnung prägt und rettet Leben –  auch das ihre und das meine!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30984
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