SWR1 Begegnungen

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21MAI2020
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Pater Roman Fries Foto: B. Sonnen

Und mit Pallottinerpater Roman Fries. Er ist Seelsorger am Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz und war im vergangenen Jahr für sechs Monate als Militärpfarrer in Afghanistan. Sechs Wochen intensive Vorbereitung, dann ging es ins Camp nach Mazar I-Sharif, wo rund 1000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert sind. 

Ich bin in Mazar I-Sharif auf ein Bundeswehrlager gestoßen, was von der Infrastruktur her in den letzten zehn Jahren gut aufgebaut worden ist. Und insofern waren die gebäudlichen Gegebenheiten vor Ort - ich würde sagen - optimal, wenngleich es schon ne Herausforderung war, weil man am Anfang nie genau weiß, mit welchen Soldaten habe ich eigentlich konkret zu tun. Also aus welchen Landesteilen Deutschlands kommen die einzelnen Soldaten, wie sieht die Gemeinde aus und was bedeutet das eigentlich für meinen Auftrag als Seelsorger. Man hat nicht die gleichen Soldaten am Stück vier Monate vor Ort, sondern es ist ein stetiges Kommen und Gehen. Also man muss quasi jede Woche und immer mal wieder neu Soldaten werben, durchs Lager gehen, sie auf ihren Dienststellen besuchen, also schon auch so ne aufsuchende Seelsorge betreiben und dann eben auch ein Stück weit hören, wo sind auch wirklich die Wünsche oder was sind die Erwartungen an Seelsorge.  

Gottesdienstliche Angebote machen, religiöse Impulse setzen, als Seelsorger vor allem für Gespräche mit den Soldaten zur Verfügung zu stehen, das sind die Schwerpunkte der Arbeit im Camp, sagt Fries. Viele Soldaten leiden unter der Trennung von ihren Familien zu Hause, ist eine seiner Erfahrungen. Aber auch Fragen nach der politischen Situation in Afghanistan und der Sinnhaftigkeit des Auftrags kämen immer wieder zur Sprache. Der Auftrag der Bundeswehr, die afghanischen Sicherheitskräfte auszubilden und im Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen, ist klar und richtig, sagt Fries. Und bei allen Schwierigkeiten und Rückschlägen, die es dabei gibt, das ist nach wie vor sinnvoll, davon ist er überzeugt, denn für ihn gilt grundsätzlich: 

Es ist in jedem Fall sinnvoll, den Menschen, die, von wem auch immer unterdrückt werden, zu helfen.  

Und wie gefährlich ist so ein Einsatz für den Militärseelsorger? Da waren die Besuche in den anderen Militärcamps, etwa in Kundus, für ihn eine wichtige Erfahrung, auch weil die nicht so einen Schutz bieten wie Mazar I-Sharif. 

Da merkt man dann sehr deutlich, dass die Soldaten und Soldatinnen noch mal unter ganz anderem Gefahrenpotential im Lager leben und das ist ein Stück weit dann auch herausfordernd für einen selber, auch wenn wir jetzt vielleicht nur ein, zwei Tage da waren. Und wenn ich „wir“ sage, dann heißt das auch, dass ich als Militärpfarrer ja nie alleine unterwegs bin, sondern hab immer dann auch noch mal meinen Unterstützungssoldaten bei mir, der mich ja quasi beschützt, weil ich als Militärpfarrer ja keine Waffe tragen darf … ich will auch keine haben. 

Wie der Militärpfarrer mit Jesu Gebot der Gewaltfreiheit umgeht und wie es für ihn war, von Afghanistan ins Coronaland Deutschland zurück zu kommen, dazu mehr nach dem nächsten Titel.   

Teil 2 

Roman Fries ist Pallottinerpater, Seelsorger am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz und war als Militärpfarrer in Afghanistan. Wer wie ich in jungen Jahren aus christlicher Überzeugung in der Friedensbewegung aktiv war, für den ist klar: Einem Militärseelsorger muss die Frage nach der Gewaltfreiheit gestellt werden. 

Ja, Jesus hat Gewaltfreiheit gepredigt, das wissen wir, und gleichzeitig haben wir immer wieder Situationen erlebt, wie zum Beispiel die Landung der Alliierten in der Normandie, um eben Deutschland und die Welt von dem Nazi-Terror zu befreien. Das ist für mich so ein Bespiel, dass eben, wenn durch friedliche Bemühungen, diplomatische Bemühungen ein Frieden auf friedlichem Wege nicht herbeigeführt werden kann, das dann als letzte Möglichkeit Gewalt mindestens in Erwägung gezogen werden muss. Oder eben wie es ja jetzt konkret die Bundeswehr tut, die afghanischen Sicherheitskräfte fit zu machen in ihrem Kampf gegen die Aufständischen in ihrem Land. Und in dieser Hinsicht ist glaube ich die Gewaltfreiheit, die natürlich Jesus predigt, auch vielleicht in der Weise ausdehnbar.      

Der Ordensmann ist im November aus Afghanistan zurückgekommen und nun Seelsorger im Krankenhaus, wenige Wochen später kam das Coronavirus nach Deutschland. Für ihn hieß das: von einer Ausnahmesituation in die nächste: 

Bei der Bundeswehr gibts unter den Soldaten so einen Ausspruch, der heißt: Leben in der Lage. Das ist glaube ich die Situation, in der ich mich damals befand, als es dann ja quasi losging, Mitte März Maßnahmen zu greifen, um einer möglichen Welle dahingehend vorbereitet zu sein. Das wurde dann auch in die Tat umgesetzt, aber diese Anspannung, die war trotzdem dann da, weil man ja nicht weiß, wie wird es dann tatsächlich, weil immer natürlich auch mit ner Angst verbunden, sich mit dem Virus auch zu infizieren. Weil wir natürlich als Seelsorger auch zu den infizierten Menschen gegangen sind, um ihnen die Sakramente zu spenden, die Krankenkommunion zu bringen, für ein Gespräch offen zu sein. 

Die Lage ist fragil. Weltweit. Gibt es Lehren, die wir aus den verschiedenen Krisen ziehen können, frage ich Pater Fries am Ende. 

Also denken Sie jetzt an die Erderwärmung, die Klimaproblematik, die sich uns stellt. Auch noch mal so die wirtschaftliche Abhängigkeit von China, die sich ja jetzt noch mal in einer besonderen Weise offenbart hat. Also wir merken ja im Moment ganz viele Probleme, wo man eigentlich noch mal überlegen müsste, ob man manche Dinge nicht ändern könnte. Die Problematik liegt meines Erachtens daran, weil ja alles irgendwie mit allem zusammenhängt, macht es das Ganze so schwierig. 

Alles hängt in einer globalisierten und vernetzten Welt mit allem zusammen. Es gibt keine einfachen Lösungen. Aber das wäre noch einmal ein ganz neues Thema.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30971
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