SWR3 Gedanken

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26MAI2020
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Seit Jakob sein FSJ in Indien gemacht hat, läuft er nur noch barfuß. Inzwischen ist er wieder in Deutschland, aber das Barfußlaufen ist ihm geblieben. Jakob kauft barfuß ein, er geht barfuß wandern, und er taucht barfuß bei Familienfesten auf. Ob mit Daunenjacke oder Anzug – die Füße bleiben frei. 

Die Leute gucken natürlich komisch, wenn sie Jakob sehen. Und genau das nervt seine Schwester Paula. Weil die Leute nicht Jakob selbst fragen, sondern lieber Paula: „Du, warum läuft denn der Jakob nur noch barfuß? Hat der in Indien zu viel Sonne abgekriegt?“ 

Es hat tatsächlich mit Indien zu tun. Das hat Paula erfahren, als sie Jakob mal so richtig über seinen Barfuß-Tick ausgefragt hat. Jakob hat geantwortet: „Ich glaube, ich habe verzweifelt versucht, etwas zu ändern.“ Paula daraufhin: „Aber es hilft doch niemandem, wenn du auf Schuhe verzichtest.“ 

Da muss Jakob erst mal ein bisschen nachdenken. Aber dann rückt er mit einer Antwort raus, die Paula zum Nachdenken anregt. Er sagt: „Ich wollte mich selbst ändern. Und weil ich Indien noch ein bisschen konservieren wollte, hab ich mal mit dem Barfußlaufen angefangen.“ 

Paula möchte wissen: „Und – hat es dich verändert?“ „Ohne Schuhe verändert sich auf jeden Fall dein Laufen“, sagt Jakob. „Ich laufe bewusster und achte darauf, wo ich hintrete. Aber was viel spannender ist: Wenn ich mal Socken anhabe, dann merke ich, wie viele Infos über meine Umwelt verloren gehen. Ist der Boden warm, feucht oder krümelig? Schuhe sind so, als würde man ständig Fäustlinge tragen.“ 

Es hat ihn also verändert. Er tut zumindest eine Sache im Leben jetzt viel bewusster. Und auch Paula hat das inspiriert. Sie versucht jetzt, sich nicht immer nur in Watte zu packen, nicht mehr allem aus dem Weg gehen, was unangenehm ist. Sie sagt: „Ich möchte jetzt mal aufmerksam dafür sein, wohin ich meine Schritte setze und worauf ich stehe – auch mit Schuhen.“

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