SWR3 Gedanken

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17MAI2020
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Wenn du steil bergauf oder bergab gehst, mach kleine Schritte. Erst wenn der eine Fuß sicheren Halt hat, löse den anderen vom Boden. Mein Vater hat mir diese einfache, aber wichtige Wanderregel erklärt. Er ist schon lange tot. Aber auf steilen Wegen erinnere ich mich immer daran und beherzige diesen Rat.

Kleine Schritte machen. Den zweiten Fuß erst dann abheben, wenn der erste mein Gewicht sicher trägt. In den vergangenen Wochen hat sich die Bergregel meines Vaters deutschlandweit bewährt. Der steile Weg vom shutdown zu einem normalen Leben erfolgt in vorsichtigen abwägenden Schritten. Jeder Lockerung geht ein umfangreicher Kommunikationsprozess voraus, Risiken werden erwogen, Beschlüsse sorgfältig erklärt.

Sogar meine evangelische Landeskirche beherzigt die Wanderregel meines Vaters. Nachdem im März alle Gottesdienste abgesagt wurden, haben viele Menschen Alternativen gesucht. Sie haben herausgefunden, dass sie ihren Glauben auch auf andere Art miteinander feiern und teilen können.

Mit Zoom-Andachten, Live-Streams, instagram-Gruppen und Nachbarschaftshilfe. So haben Christen durch viele kleine Schritte einen stabilen Zwischenstand auf dem Weg über den Berg erreicht.

Heute werden Gottesdienste auch wieder in Kirchen sozusagen analog gefeiert. Mit ziemlich vielen Sicherheitsauflagen. Viele Menschen freuen sich trotzdem über diese Möglichkeit. Andere gruselt es bei der Vorstellung von Gottesdiensten ohne gemeinsames Singen mit zwei Meter Abstand zueinander.

Vielleicht ist es Zeit, jetzt in mehreren Wegen weiter zu gehen. Die einen mit Gottesdiensten in der Kirche, die anderen online. Hauptsache, alle machen kleine Schritte!
Ich bin überzeugt davon: Gott geht beide Wege mit. Die analogen und die digitalen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30903
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