Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11MAI2020
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Vor einigen Tagen haben wir ein wichtiges Jubiläum nicht gefeiert! Ohne die Corona-Einschränkungen hätte es an vielen Orten in Europa – in Ost und West – ein großes Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren gegeben. Große Hauptstadtparaden der Alliierten hätten daran erinnert, wie Nazi-Deutschland niedergerungen wurde. Im deutschen Bundestag hätte man sich dankbar daran erinnert, dass die alliierten Armeen aus Ost und West dem Tausendjährigen Reich nach zwölf Jahren ein Ende gemacht haben. Obwohl viele Deutsche unmittelbar nach Kriegsende den Sieg der Alliierten nicht als Befreiung, sondern als Niederlage empfanden, erwies sich dieser alliierte Sieg im Lauf der Jahrzehnte als äußerst positiv. Heute erinnern wir uns dankbar daran, dass wir zu einem Leben in Frieden und Freiheit bei wachsendem Wohlstand befreit wurden.

Dass in Deutschland wieder Strömungen an die Oberfläche kommen, die positiv über die Nazi-Diktatur denken, ist leider nicht zu übersehen. Doch die meisten Menschen freuen sich, dass sie in Frieden und Wohlstand leben und obendrein zuverlässig-unaufgeregt regiert werden. Die Unaufgeregtheit hebt sich gerade in den Corona-Zeiten wohltuend von vielen anderen Regierungen ab. Dennoch sprechen Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer von der größten, weltweiten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Dass es oft unsichere Zeiten im Verlauf der Welt- und Menschheitsgeschichte gab, davon berichten sogar biblische Texte. Doch sie bezeugen bei aller Ungewissheit auch, dass Gottvertrauen sich lohnen kann. So wird in einem Klagelied gefragt, ob Gott Sein Volk verstoßen habe. Diese Menschen verzweifelten schier an ihrer erlebten Gottverlassenheit. Dennoch hielten sie an Gott fest und fragten ihn: „Warum verstößt du uns und lässt uns zuschanden werden?“ Solch bange Fragen münden in die Bitte an Gott: „Mach dich auf, hilf uns, erlöse uns um deiner Güte willen.“ Wer so zu Gott fleht, vertraut darauf, dass Gottes Hilfe schon früher erfahren wurde. Diese Erfahrung klingt dann so: „Gott, wir haben mit unseren Ohren gehört, unsere Väter haben’s uns erzählt, was du getan hast zu ihren Zeiten, vor alters“ (Ps 44,2). So will ich mich auch in dieser momentan merkwürdigen Zeit daran erinnern lassen, was ich schon an Positivem in diesem Land, mit diesem Gott erlebt habe. Denn positive Erfahrungen sind die „Sonnenstrahlen der Zuversicht“ auf ein hoffentlich bald wieder normales Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30881
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