Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

10MAI2020
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Heute dürfen Christen in Baden-Württemberg endlich wieder Gottesdienste feiern! In Rheinland-Pfalz war das schon am vergangenen Sonntag der Fall. Doch heute darf ich mich auch als Württemberger mit „meiner Gemeinde“ zur gottesdienstlichen Feier treffen. Aber: Wir sollen die Hygienevorschriften und Abstandsregeln einhalten. Dennoch können wir uns im Kirchenraum treffen, miteinander Gottes Wort hören, beten, still sein, den Segen empfangen.

Nur eins dürfen wir nicht: Singen! Und das an einem Sonntag, den die evangelische Gottesdienstordnung dem Singen gewidmet hat. Denn der heutige Sonntag trägt den Namen „Kantate“, also „Singet“. Kann man sich das vorstellen: Gottesdienst feiern ohne gemeinsamen Gesang? Das gemeinsame Singen ist für evangelische Christen geradezu ein Kennzeichen ihres Gottesdienstes. Nicht singen zu dürfen ist fast wie ein Fußballspiel mit „Torjubel-Verbot“. Die oberen Spielklassen allerdings planen „Geisterspiele“, die auch ziemlich umstritten sind. Denn ohne Torjubel und Begeisterung auf den Rängen kommt keine Stimmung auf.

Eine gottesdienstliche Zusammenkunft ohne Live-Gesang ist mir ebenso kaum vorstellbar. Dennoch freue ich mich, dass wir überhaupt wieder miteinander zum Gottesdienst zusammenkommen können. Ich möchte die Menschen, die zur Gemeinde gehören, wieder einmal von Angesicht zu Angesicht sehen – auch wenn sie Mund- und Nasenschutz tragen. Ich möchte – natürlich in gebührendem Abstand! – wieder einmal ein paar Worte mit ihnen wechseln und hören, wie es ihnen geht. Und ich wünsche mir, dass wir miteinander durch das Hören auf Gottes Wort Ermutigung, Hilfe und Trost für unseren Alltag empfangen, denn „das Wort, das mir hilft, kann ich mir nicht selber sagen“. Manchen Choral werde ich einfach nur lesen und die Melodie dazu spielen lassen. Dennoch werden wir in den nächsten Wochen und Monaten noch auf Einiges verzichten müssen – auf den Kirchenkaffee im Anschluss an den Gottesdienst zum Beispiel oder das gegenseitige Begrüßen per Handschlag oder das Umarmen. Aber ich freue mich auf jede Person, die wieder kommt.

Und deshalb möchte ich – auch wenn ich nicht singen darf, dennoch das tun, womit ein kluger Ratgeber einen anderen Menschen beauftragte: „Tu, was dir vor die Hand kommt – das ist gerade in solch besonderen Zeiten das Entscheidende! – denn Gott ist mit dir“ (1Sam 10,7). Deshalb lasse ich das Jammern sein und werde kräftig das anpacken, was mir zu tun möglich ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30880
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