Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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16MAI2020
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Wochenlang durften wir uns nicht versammeln In Kirchen, Moscheen und Synagogen. Es ist mir in den vergangenen Wochen wirklich schwer gefallen zu verstehen, dass ich zwar in den Baumarkt fahren durfte, um Blumen zu kaufen, Feuerholz und Rasendünger, aber in die Kirche durfte ich nicht. An Karfreitag nicht. An Ostern nicht. Immer wieder sonntags nicht.

Ich mag schon auch das stille Kämmerlein und gehe da auch Gott besuchen. Aber ich glaube lieber gemeinsam als einsam. Digital hab ich das Singen und Beten nicht wirklich hingekriegt. Es ist mir merkwürdig fremd geblieben. Ohne Gemeinschaft und Kirchenraum.

Wann um Gottes Willen hat man denn in der Kirche zuletzt so viele Menschen dicht gedrängt sitzen sehen, dass die sich nicht mit 2 Meter Abstand im ganzen Schiff hätten verteilen können?

Ich bin auf Gottesdienstentzug gewesen, wirklich. Mehr als 2 Monate lang. Und ich weiß von Vielen, die ähnlich empfunden haben.

Wir haben uns doch all die Jahre gerade dann immer wieder unter dem Kirchendach versammelt, wenn wir erschrocken und in Sorge gewesen sind. Wenn Terror und Katastrophen uns in Angst und Schrecken versetzt haben. Gerade dann haben wir das Bedürfnis gehabt, dem Ruf der Glocken zu folgen. Das gemeinsame Trauern und Klagen, das Gebet füreinander, die Vergewisserung, nicht alleine zu sein, das hatte doch immer rund um den Altar seinen Platz.

Da hat es mich als Kirchenmann natürlich gefreut, wenn bei mir eine ganz Menge Leute angerufen haben, die sich beschweren wollten über die ausgefallenen Gottesdienste. Es waren sogar Anrufe dabei, da sagten die Leute sinngemäß, dass sie zwar selber gar nicht so oft in die Kirche gehen, aber schon gerne wollten, dass Gottesdienste auch ohne sie regelmäßig stattfinden. Das beruhige ungemein.

Die Kirche soll im Dorf bleiben! Das ist ja sogar ein Sprichwort. Da muss also was dran sein. Ich freue mich jedenfalls über alle Kirchentüren, die am Sonntagmorgen wieder offen stehen. Ich glaube, wir kriegen das organisiert mit dem Abstand und der Hygiene.

Vielleicht wird es ja wirklich voller als sonst. Weil so viele heimwehkranke Gottsuchende unbedingt ihren Zweifelglauben feiern wollen. Endlich wieder. Mit Klang und Gloria!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30879
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