Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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09MAI2020
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Es ist eine Ironie der Geschichte: Gestern haben wir an das Ende des 2. Weltkriegs in Deutschland vor 75 Jahren gedacht. Und heute vor 65 Jahren trat Deutschland der Nato bei, dem westlichen Militärbündnis unter Führung der USA. Nur zehn Jahre dauerte es bis zur deutschen Wiederbewaffnung.

Seit dem haben sich die Kriege und die Kriegsführung deutlich geändert bis hin zum Cyber War, dem Krieg am Computer. Geblieben ist die Frage, ob man als Christ überhaupt an Kriegen teilnehmen darf. Jesus fordert eindeutig: Liebt Eure Feinde, tut Gutes denen, die Euch hassen. Selig sind die Friedensstifter. Der heilige Paulus mahnt: Überwindet Böses mit Gutem. Das spricht gegen jede Gewalt, auch militärische. Diese eindeutige Friedenshaltung war aber schon für die alte Kirche ein Problem: EineKirchenversammlung verhängte Strafen über Christen, die auch nur Waffen trugen. Eine andereerlaubte ausdrücklich den Kriegsdienst im römischen Staat. Ob das Liebesgebot Christen zu radikaler Friedfertigkeit verpflichtet oder ob für Schwache und um der Gerechtigkeit willen auch Waffen eingesetzt werden dürfen – diese Frage forderte die Christen damals. Und sie tut es noch heute.

Doch die Alternative zwischen „Raushalten oder Mitmachen“ ist nicht alles. Nicht nur die Kriegsführung hat sich geändert, auch die Möglichkeiten Kriege zu verhindern sind gewachsen. Viel besser als früher kennen wir die Gründe und Entwicklungen, die zu Kriegen führen. Und viel wirksamer als früher können wir für Menschenrechte weltweit eintreten – ohne Krieg. Wir können Aktionen und Gruppen unterstützen, die sich für Menschenrechte einsetzen. Und wir können durch Boykotte und Wirtschaftsmaßnahmen Druck ausüben, um Kriege zu verhindern.
Jesus fordert nicht nur dazu auf, Frieden zu halten, sondern Frieden zu stiften, ihn also aktivzu ermöglichen. Selbst die Nato will inzwischen Konflikte verhüten und Krisen bewältigen - auch wenn sehr umstritten ist, ob ein MilitärbündnisFriedensarbeit leisten kann.

Kriege gibt es weiterhin, und die Frage „Raushalten oder Mitmachen“ stellt sich immer noch. Aber sie verliert ihre hypnotische Wirkung. Denn es gibt mindestens einen dritten, einen besseren Weg: Kriege aktiv verhindern und Frieden stiften.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30834
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