Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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04MAI2020
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Wir sollen möglichst zuhause bleiben. Keine Besuche. Kein Vereinsleben. Kein Treffen im Gasthaus. Keine Feste. Keine herzliche Begrüßung mit Handschlag oder Umarmung. Stattdessen: Abstand! Wir müssen auf der Straße oder in Geschäften um alle anderen „einen Bogen machen“.

Das ist derzeit leider notwendig. Aber es ist unnormal, unnatürlich. Es geht mir gegen den Strich. Weil das Miteinander in einem Maß beschnitten ist, dass etwas Lebenswichtiges zu kurz kommt. Gemeinschaft, Begegnung, direkter Kontakt gehört einfach zum Menschsein dazu. Auch, dass wir die menschliche Nähe zu anderen mit Gesten ausdrücken, durch spürbare körperliche Zuwendung. Das tut gut – und das geht jetzt nicht. Ich vermisse es schmerzlich – viele von Ihnen wohl auch.

Aber das hat auch eine positive Auswirkung: Wie wichtig das ist, was wir konkret vermissen, das leuchtet jetzt auf – jetzt, wo es so nicht mehr selbstverständlich ist. Denn ich erlebe, dass die Menschen derzeit offener füreinander sind, kommunikativer. Sie nehmen einander bewusster wahr. Ein freundliches Kopfnicken und ein Gruß im Vorbeigehen werden erwidert. Leute, die einander nicht kennen, kommen miteinander ins Gespräch. Gute Wünsche für die anderen kommen leichter über die Lippen. Die Achtsamkeit füreinander ist gewachsen.

Ich hätte einen Vorschlag: Pflegen Sie die Mitmenschlichkeit mit den kleinen Zeichen und Gesten, die auch jetzt möglich sind – und die gerade jetzt besonders gut tun. Warum nicht mal ein liebes Wort an der Supermarkt-Kasse – darüber freut sich die Kassiererin, und aus einem simplen Kassiervorgang /Bezahlen wird mit einem Mal eine kleine Begegnung von Mensch zu Mensch. Das wirkt übrigens auch positiv auf Sie selbst zurück. Jede Geste der Mitmenschlichkeit tut auch der eigenen Seele gut – und durch solche Gesten wird das Leben intensiver und erfüllter. Der jüdische Philosoph Martin Buber hat Recht, wenn er sagt: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30829
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