SWR2 Wort zum Tag

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Kommen eigentlich alle Menschen in den Himmel?
Und wenn ja – wie werden sie sich dort zurechtfinden?
The great divorce, die große Scheidung, so heißt ein Buch von dem englischen Schriftsteller Clive S. Lewis. Es ist ein modernes Märchen, in dem es genau um diese Fragen geht.
Es erzählt, wie Menschen nach ihrem Tod in den Himmel kommen und was sie dort erleben. Es gibt keine Trennung zwischen gut und böse, gläubig und nichtgläubig. Alle dürfen hinein. Alle bekommen dazu einen neuen Körper. Diese Körper sind durchsichtig, wie aus Glas.
Es ist ein wunderbarer Körper, optimal auf seine neue Umgebung abgestimmt.

Freilich stellt sich heraus, dass nicht alle sich im Himmel wohl fühlen. Während die einen über das himmlische Gras laufen und seine Weichheit genießen, ist für andere der gleiche Boden eine stachelige, eisenharte Materie, kalt und schmerzhaft wie gefrorenes Eis. Auch zu Begegnungen mit ehemaligen Mitmenschen kommt es. Groß ist die Freude des Wiedersehens bei den einen, und es zeigt sich, dass Tod und Trauer ihre Liebe nicht zerstört hat. Bei den anderen jedoch gibt es Streit. Denn die Probleme, die sie zu Lebzeiten mit anderen Menschen hatten, sind nicht gelöst. Sie haben sie mitgebracht, die Eifersucht, die Vorwürfe und Rechthaberei. [Wie im irdischen Leben kreisen diese Leute nur um ihre Bedürfnisse, um ihr Recht, um ihr – Ego.] Dazu gesellt sich der Ärger über das stachelige Gras, der Neid auf die, die es genießen können. Es ist wie verhext. Am Ende wird erzählt, dass die Streithähne den Himmel freiwillig wieder verlassen, weil sie es dort nicht aushalten. Sie sind einfach nicht in Form für Gottes neue Welt.

Ein eindrückliches Märchen. Es vermittelt eine Vorstellung davon, dass der Himmel zwar schön ist, man sich aber an ihn gewöhnen muss. Man muss in der richtigen Form sein, um es dort auszuhalten.
Mein Denken, das Fühlen, die Beziehungen zu anderen Menschen - all das braucht eine Form, die zu Gott passt. Nicht göttlich, sondern gott-förmig soll ich werden. Manches muss da aus meinem Leben verschwinden, Probleme müssen angegangen, Schuld muß benannt und bereinigt werden.
Mein Dasein wird dadurch erfreulicher – für mich und für meine Mitmenschen.
Und es nimmt eine Form an, die es himmels-tauglich macht. Insofern sagt dieses Märchen vielleicht mehr über das Leben hier als über das Leben danach.

Und doch: Mein Ziel ist es, in den Himmel zu kommen.
Dort ist es anders als hier, und ich will mich darauf einstellen.
Für das jetzige Leben kann das nur von Vorteil sein, wenn etwas Himmlische Form hineinkommt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3082
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