SWR2 Wort zum Tag

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29APR2020
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Christina ist am Bahnhof. Sie braucht ein Ticket für die Rückfahrt und steht vor dem Fahrkartenautomat. Da kommt plötzlich ein fremder Mann auf sie zu und sagt: „Sie brauchen kein Ticket, sie können mit mir zusammen fahren.“ Und er kommt ihr auf sehr unangenehme Art und Weise nahe. Von oben schaut er auf sie herunter. Christina ist der Mann überhaupt nicht sympathisch. Deswegen möchte sie auch nicht mit ihm mitfahren. Sie lehnt das Angebot ab. Doch der Fremde lässt nicht locker. Sie fühlt sich mehr und mehr von ihm bedrängt.

Was tun in so einer Situation? Christina ist emotional aufgewühlt und schaut sich um. Wer auf dem Bahnsteig kann ihr helfen? Keiner, der vorbeiläuft, registriert überhaupt ihre missliche Lage.

Kurz entschlossen verlässt sie den Fahrkartenautomat und lässt den Typen einfach stehen. Sie entdeckt einen sympathisch wirkenden Mann, der gerade in ihren Zug einsteigen will. Den spricht sie an.

„Entschuldigung, können sie mir bitte helfen. Da ist ein Mann, der mich nicht in Ruhe lässt. Und ich brauche noch eine Fahrkarte.“ Zunächst etwas überrascht begreift er aber schnell, worum es geht. Und er hilft.

Zu zweit gehen sie zum Ticketautomaten. Der aufdringliche Mann steht zwar immer noch da, doch der unbekannte Helfer stellt sich dazwischen, sodass Christina sich ihren Fahrschein lösen kann.

Erleichtert steigen die beiden danach in den Zug ein. Doch auch der unangenehme Typ steigt ein. Er schimpft über die Frau, die ja völlig verrückt sei. Man dürfe ja wohl noch eine Frau ansprechen. Und so weiter.

Doch der Helfer bleibt einfach da und stellt sich immer wieder einfach nur an ihre Seite. Oder dazwischen. Und irgendwann lässt der Kerl ab und geht weg.

Für mich ist dieser hilfreiche Pendler ein kleiner Alltagsheld. Es braucht keine tollkühnen Kampfeinsätze um Menschen zu helfen. Einfach und allein, wenn ich einem anderen sprichwörtlich zur Seite stehe. Oder mich schützend vor sie stelle, kann ich Großes bewirken.

Die Geschichte meiner Bekannten Christina ist für mich ermutigend. Sie zeigt mir, dass es diese Art von Schutzengeln überall gibt. Man muss sie einfach nur direkt ansprechen und schon tauchen sie auf.

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