SWR2 Wort zum Tag

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27APR2020
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Mit dem Kajak fahre ich durch die Stromschnellen. Das Wildwasser schäumt zwischen den Felsen. Plötzlich dreht sich mein Boot und kippt um. Ich falle ins Wasser und die Strömung zieht mich mit sich. Alles dreht sich und ich denke nur: „Hochkommen, du musst über Wasser kommen.“ 

Das habe ich vor einigen Jahren erlebt. Wenn beim Kanufahren jemand kentert, dann heißt es: Ganz schnell handeln.

Ein reißender Fluss ist auch mit Schwimmweste und Helm eine echte Gefahr.

Wer ins Wildwasser fällt, den rettet vor allem eines: ein Seil. Es gibt dafür spezielle Wurfseile. Am besten wird so ein Seil vom Ufer aus geworfen. Und wer im Wasser treibt greift danach, um dann aus der Gefahrenzone gezogen zu werden.

So ein Seil ist oft die einzige Hoffnung, wenn man gekentert ist. Denn die Strömung kann einen Menschen leicht unter Wasser ziehen oder gegen Felsen drücken. Ich hatte damals Glück, denn ein anderer Bootsfahrer konnte mich mit so einem Seil rausziehen. 

Ähnlich ist das in meinem Glauben. Ich halte mich an Gott fest, wie an einem Seil. Ich hoffe auf Gott und vertraue darauf, dass es ihn gibt und er es gut meint. Trotz allem was dagegen zu sprechen scheint halte ich daran fest. Auch wenn ich Gott in den Strömungen meines Lebens oft nicht erkenne. Ich hoffe, selbst dann noch, wenn das Wasser mir über dem Kopf zusammenschlägt. 

Interessant finde ich hier das hebräische Wort für Hoffnung. Das passt gut zu dem Bild vom Rettungs-Seil. Denn, wenn man das Wort „Hoffnung“, wie es in der Bibel immer wieder vorkommt, sinngemäß ins Deutsche übersetzt, heißt es nämlich Seil oder Faden. Oder als Verb kann es so etwas wie „zwirnen“ heißen, das bedeutet also „eine Schnur zusammendrehen“.

Hoffnung ist ein Seil, an dem ich mich festhalte. Manchmal vielleicht auch nur ein dünner Faden. Dieser Zwirnsfaden führt aber zu Gott.

Das gedrehte Hoffnungs-Seil an dem ich mich an Gott festhalte hat zwei Schnüre. Zum einen ist es mir wichtig, dass das was ich glaube logisch ist. Mich stärkt in meinem Glauben, wenn ich zum Beispiel in Büchern lese, wie sich Naturwissenschaft und Religion ergänzen.

Eine zweite Schnur ist für mich das Gefühl. Ich spüre immer wieder, dass es eine Liebe gibt die viel größer ist, als das was wir Menschen imstande sind zu leben.

Das ist kein frommes Wunschdenken. Die brutale Realität der Welt, wie zum Beispiel die Corona-Pandemie, nehme ich ganz ernst. Dennoch hoffe ich weiter und setze auf Gott.

Die Hoffnung ermutigt mich, gerade auch in den Stürmen des Lebens zuzupacken und mich selbst und andere ein Stück aus dem Wasser zu ziehen. Denn Hoffnung ist reißfest und hat einen festen Anknüpfungspunkt.

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