SWR2 Wort zum Tag

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20APR2020
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Mehr als vier Wochen steht die Zeit jetzt schon still. Irgendwie lief alles auf Ostern zu. Danach noch eine Woche. Dann, so war die Erwartung, kommen die ersten Schritte in die Zeit des allmählichen Ausstiegs. In den ersten Jahrhunderten der Kirche gab es auch so eine Woche, in der die Zeit stillgestanden ist. Das war genau auch die Woche nach Ostern. Genauer gesagt, die Woche von der Osternacht bis zum Sonntag nach Ostern. Acht Tage, geprägt vom Ausstieg aus dem bisherigen Leben. Ehe sich am Tag danach allmählich wieder die Normalität durchgesetzt hat. Vor allem für diejenigen, die in der Osternacht getauft wurden, war das so. Für die sollte dann ein neues Leben beginnen.

Gestern war wieder dieser Sonntag eine Woche nach Ostern. Der heutige Montag erinnert mich deshalb an seine Vorläufer vor mehr als eineinhalbtausend Jahren. Neue Schritte in die Zukunft zeichnen sich auch bei uns ab. Vor uns als Gesellschaft liegt die Aufgabe, ganz allmählich, in kleinen Schritten, in ein Leben danach einzusteigen.

In der Tradition der Kirche trägt dieser gestrige Sonntag einen besonders sprechenden Namen, Quasimodogeniti, auf deutsch: „Wie neugeborene Kinder“. „Neugeborene Kinder trinken mit Lust die Muttermilch, weil sie die für sie passsende Ernährung ist“, heißt es in einem alten Brief in der Bibel. Und der Satz geht dann weiter: „Genauso sollen wir das zu uns nehmen, was für uns gut ist. (1. Petrus 2,2.) Ein wichtiger Hinweis vielleicht: irgendwann in ein normales Leben zurückzukehren, das muss in jedem Fall gut dosiert werden. Neues Leben - oder zumindest ein Leben unter neuen Rahmenbedingungen – es ist möglich! Dieses Leben - so die Botschaft des Osterfestes - ist sogar stärker als der Tod.

Neues Leben nach Ostern – das kann heute aber auch ein Bild sein für die Erfahrung: Das Leben der letzten Wochen, mit all seinen Einschränkungen, das bleibt am Ende kein Dauerzustand. Und ganz sachte wird diese Erkenntnis auch in meinem Leben wahr werden. Nicht so radikal wie bei den Neugetauften in der Osternacht in den ersten Jahrhunderten. Aber vielleicht dennoch vergleichbar. Wir Menschen haben Zukunft. Weil wir durch viele Erfahrungen, gerade auch neue Erfahrungen miteinander verbunden sind. Und ich glaube: Weil Gott mich auch in Zukunft begleitet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30761
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