SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

28APR2020
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Dieses Mal konnte ich wieder dabei sein: beim Sonntagstreff. Das ist ein großes Mittagessen für bedürftige und wohnungslose Menschen. Kurz bevor wegen der Coronakrise alle Veranstaltungen abgesagt werden mussten, konnten wir im Pfarrsaal in unserem Stadtteil zusammenkommen. 150 Frauen und Männer aus ganz Freiburg sind der Einladung gefolgt. Was mich besonders beeindruckt hat: Die vielen Helferinnen und Helfer. Kinder, Jugendliche, ganze Familien haben das Essen gerichtet, die Gäste bedient und alles wieder aufgeräumt. Aus der Nachbarschaft haben die Leute Kuchen und Torten vorbeigebracht. Obwohl alle gut gegessen haben, ist noch viel übriggeblieben. 

Der Tag hat mir gezeigt, wie schnell Menschen in die Armut abrutschen. Ich habe mit einigen Gästen gesprochen, die zwar nicht alle auf der Straße leben, aber denen sehr wenig zum Leben bleibt. Bei dem einen war es die Gesundheit, die immer schlechter wurde, dann ging der Job verloren und irgendwann konnte er die Wohnung nicht mehr bezahlen. Bei der anderen waren es Probleme mit Alkohol, die sie aus der Bahn geworfen haben. Ein Mann hat mir von seiner Tochter erzählt: Sie ist erwachsen und kann für sich selbst sorgen. Trotzdem wirft er sich vor, nicht für sie da sein zu können: „Wie gern würde ich ihr helfen, sie unterstützen. Doch ich schaffe es kaum, selbst über die Runden zu kommen. Oft schäme ich mich, kein besserer Vater für sie zu sein.“ 

Evangelische und katholische Gemeinden in ganz Freiburg wechseln sich ab und richten diese Treffen aus. Der Verein „Freunde von der Straße“ hilft mit und spricht die Termine ab. Danke, danke, danke haben die Gäste an dem Sonntag immer wieder gesagt. Die einen haben den Kuchen besonders gelobt, die anderen fanden es schön den Tag nicht allein zu verbringen. Gastgeber und Gäste haben miteinander gelacht, Karten gespielt und Lieder gesungen. 

Mir hat dieser Sonntag richtig gutgetan: Denn ich habe gesehen, wie schön es für alle ist, wenn sich fremde Menschen zu einem Festmahl treffen. Und dabei ist es völlig egal, ob ich viel oder wenig Geld in der Tasche habe.

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