SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Falls Sie in diesen Tagen Bauchweh haben, liebe Hörerinnen, liebe Hörer, dann ist daran auch die Kirche schuld. Zumindest dann, wenn das Bauchweh von zuviel fettem Gebäck kommt. Denn die Krapfen, Mutzen, Scherben und Berliner hängen eng mit der Fastenzeit zusammen. In den 40 Tagen vor Ostern hat die Kirche früher nämlich nicht nur den Fleischgenuß verboten, auch die andern Produkte aus Großvieh- und Geflügelhaltung durften nicht verzehrt werden, also Schmalz, Fett, Butter, Käse und Eier. Und deswegen hat man sich in den Tagen vor dem Aschermittwoch daran noch einmal tüchtig sattgegessen und natürlich auch versucht, die Vorräte so weit wie möglich aufzubrauchen. Ab dem 13. Jahrhundert gibt es im südwestdeutschen Raum z. B. Urkunden über sogenannte Fastnachtshühner. Die Bauern waren verpflichtet, vor Beginn der Fastenzeit ihren Herren Hühner als Zins abzuliefern. Die wurden dann noch schnell verzehrt und konnten so in der Fastenzeit keine Eier mehr legen. Trotzdem sammelten sich natürlich bis Ostern wieder viele Eier an, was dann zum Teil den Brauch der Ostereier erklärt.
Insgesamt dienten Fasnacht und Fastenzeit auch dazu, einen wichtigen Einschnitt im Wirtschaftsjahr zu begehen. Die Fastenzeit hatte ja nicht nur religiöse Bedeutung als Vorbereitung auf Ostern, sie war auch wirtschaftlich nötig, denn mit dem ausgehenden Winter gingen vielerlei Vorräte für Mensch und Tier zur Neige, so daß der Küchenzettel notwendigerweise karger wurde. Aber vorher hat man noch einmal tüchtig gefeiert, geschlachtet und gebacken. Am Hochrhein z.B. wurden sogar die drei letzten Donnerstage vor Aschermittwoch mit Backen, Schlachten, Umzügen und Musik begangen.
Fastnacht, Fastenzeit - hier treffen sich Frömmigkeit, Not und Lebenskunst. Und auch Phantasie kam dazu, denn in der Fastenzeit ließ man sich eine Menge einfallen, damit das Fasten nicht zu hart wurde. So wird erzählt, daß die Mönche in einem süddeutschen Kloster wegen des Biergenusses in der Fastenzeit angeklagt wurden. Der Abt fragte diesbezüglich in Rom an und ließ dazu ein Faß mit Bier per Esel über die Alpen transportieren. Im Vatikan kostete man von dem weit- und langgereisten und geschaukelten Gebräu und befand, daß dieses Bier wahrhaftig das Fasten nicht verletzte.
Ich wünsche Ihnen einen erfreulichen Fastnachtsdienstag.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3074
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