Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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21APR2020
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Pater Matthias führt eine Schülergruppe durch sein Kloster. Die jungen Leute sind neugierig. Einer fragt: „Was machen die Mönche eigentlich so?“

Pater Matthias antwortet: „Wir suchen Gott.“Die Schüler sind erstaunt. „Wir dachten, Sie hätten Gott gefunden. Warum sind sie sonst im Kloster?“

Daraufhin der Ordensmann: „Wer Gott gefunden hat, der muss nicht mehr ins Kloster gehen. Im Kloster findet ihr eher Menschen, die nach Gott suchen.“

Suchen, unsicher sein, ja auch zweifeln – das alles gehört zu einem lebendigen Glauben. Wer erwachsen wird, der merkt, dass der Glaube der Kindheit nicht mehr trägt. Gott ist nicht einfach nur „lieb“, er bleibt in vielem unbegreiflich. Er ist mir nicht immer nah, oft fühle ich mich von ihm vergessen und verlassen. Krisenzeiten wie die gegenwärtige verstärken diese Zweifel noch.

Und trotzdem gebe ich die Suche nach Gott nicht auf. Denn es gibt sie ja: die Momente des Glücks, das Staunen über die Schönheit der Natur, die Erfahrung des Angenommenseins.

In solchen Momenten spüre ich, dass die Wissenschaft meine Fragen nicht wirklich beantwortet. Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Wofür lohnt es sich zu leben? Hat das alles einen Sinn?

Deshalb bleibe ich auf der Suche nach Gott, auch wenn mir klar ist, dass ich ihn nie ganz erfassen und verstehen werde. Ja, ich misstraue allen, die vorgeben, keine Zweifel zu haben und genau zu wissen, wer Gott ist, wie er ist und was er vom Menschen erwartet.

Der französische Schriftsteller André Gide hat das einmal so ausgedrückt: „Glaube denen, die die Wahrheit suchen und zweifle an denen, die sie gefunden haben.“

Da bleibe ich lieber auf der Suche nach Gott. Auch mit der Hoffnung, dass er mich am Ende findet…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30714
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