Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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08APR2020
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Nach der Geiselnahme 1972 während der Olympiade in München wurden die drei überlebenden Terroristen schon wenige Wochen nach ihrer Tat mit einer Flugzeugentführung freigepresst. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie durch Druck von außen verurteilte Verbrecher in Freiheit gelangen können. Ein anderes Beispiel ist 2000 Jahre alt. Christen auf der ganzen Welt hören davon in dieser Woche vor Ostern in den Gottesdiensten. Damals saß gerade ein Mann namens Barabbas in Jerusalem im Gefängnis zusammen mit anderen Aufrührern. Die sollten bei einem Aufstand einen Mord begangen haben. Mehr weiß man nicht von ihm. Und dieser Barabbas wurde durch den Druck der Straße auf freien Fuß gesetzt. So erzählt es die Passionsgeschichte. Gehörte er zu den Terroristen in der Provinz Judäa des römischen Reiches? Die wollten die Welt und die Verhältnisse ändern und das durchaus auch mit Gewalt. Sie wurden die Zeloten, die Eiferer genannt. Und die machten auch vor Mord nicht halt. Wenn es so war, dann hat sich der Mord des Barabbas und seiner Truppe in nichts von dem unterschieden, was heute an Terror passiert. Was sind das für Menschen, die sich zum Richter über das Leben anderer machen? Was sind das für Menschen, die durch Entführungen, Anschläge, Hinrichtungen meinen, sie könnten damit die Welt zum Besseren verändern? Da ist ganz viel schief gelaufen. Schief in ihrem Leben, aber auch in der Gesellschaft, in der sie aufgewachsen sind. Das werden viele Zeitgenossen des Barabbas genauso gefragt haben wie wir heute. Aber - und das ist auch wieder das Erschütternde - es gab und es gibt Menschen in der Masse, die in solchen Irregeleiteten ihre Helden sehen. „Lass ihn frei“, schreien sie, „er ist unser Mann“. Und ich denke an die Fernsehbilder von fanatischen marschierenden Menschenmengen. Wenn dann noch eine Puppe mit Bild des Gegners am Galgen aufgehängt und verbrannt wird, dann ist das gespenstisch und ich frage mich: Wozu ist der Mensch fähig? Zum Glück auch zum genauen Gegenteil, zur Gewaltlosigkeit. Menschen  wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King stehen dafür. Und der hat sich‘s abgeschaut bei Jesus von Nazareth. 

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