SWR3 Gedanken

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10APR2020
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Heute ist Karfreitag. In diesem Jahr ist er anders. Ich darf als Pfarrerin heute mit meiner Gemeinde keinen Gottesdienst in der Kirche feiern. Karfreitag feiern wir eigentlich immer einen besonderen Gottesdienst. Wir erinnern uns daran, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Normalerweise brennt im Gottesdienst immer die Osterkerze und die Bibel liegt aufgeschlagen auf dem Altar. Am Karfreitag löschen wir die Osterkerze aus. Und wir schlagen die Bibel zu. Die Orgel spielt nur leise und wenige Töne.

Im Gottesdienst hören wir die Geschichte von Jesus. Wie er verurteilt, gegeißelt und ans Kreuz geschlagen wird. Und wie er dann stirbt. Am Ende des Gottesdienstes war mir immer nach Weinen zu Mute. Es war eine ganz besondere Traurigkeit. Und die war gut so. Warum?

Weil wir gemeinsam einfach sein lassen konnten, was nun mal so ist. Weil wir es miteinander ausgehalten haben. Dass es eben für viele Fragen keine Antwort gibt. Dass es für viele Probleme keine Lösung gibt. Dass es so vieles gibt, dessen Sinn wir nicht verstehen. Allein ich kenne umd mag so viele, die überraschend und viel zu früh gestorben sind. Ich kenne viele, die schwer krank sind und eigentlich doch gesund sein sollten. Und wenn ich Nachrichten schaue, begegnen mir so viele Regionen auf der Welt, in denen Krieg, Hunger und Gewalt herrschen. Und ich denke an die Flüchtenden, die in schrecklichen Lagern in Griechenland auf ein menschenwürdiges Leben hoffen. Im Gottesdienst am Karfreitag haben wir all das gemeinsam in den Blick genommen und ausgehalten. Wir haben darin eine große Kraft erlebt. Deshalb hat der Karfreitag für mich eine ganz eigene Schönheit und Würde.

Wir konnten das gemeinsam aushalten, weil wir daran glauben: Der Tod Jesu ist nicht das Ende. Nach dem Karfreitag kommt Ostern. Jesus ist auferstanden. Es gibt ein Zurück ins Leben.

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