SWR3 Gedanken

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05APR2020
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Letzte Woche hat die Postbotin geklingelt. Ich hab ihr Auto schon aus dem Arbeitszimmer gesehen und den Türöffner gedrückt. Als ich die Treppe runtergekommen bin stand sie schon im Flur. Mit dem nötigen Abstand natürlich. „Hallo Frau Berger“ hat sie gerufen. Wie immer in ihrer fröhlichen, beschwingten Art. Sie macht mir einfach immer gute Laune. Die Postbotin ist für mich eine Alltagsheldin. Sie trotzt der Angst und tut verlässlich ihren Job. Solche Alltagshelden gibt es im Moment viele.

Heute an Palmsonntag erinnern wir uns an die Geschichte, als Jesus in Jerusalem eingezogen ist. Die Leute damals haben einen strahlenden Helden erwartet. Mit Rüstung und einem Streitwagen. Aber Jesus ist ganz einfach gekommen. Ist auf einem kleinen Esel geritten. Die Leute waren enttäuscht, weil er nicht so war, wie sie es erhofft hatten. Und auch nicht das gebracht hat, was sie sich gewünscht haben. Er hat nicht die römischen Besatzer aus dem Land gejagt und hat auch nicht die Gesellschaft komplett verändert. Er hat im Kleinen gewirkt. Er hat sich um die Kranken gekümmert, hat die Einsamen besucht und sie wieder in die Gemeinschaft zurückgeführt. Es war wichtig, dass er gekommen ist.

So ist das auch bei unseren Alltagshelden. Sie können nicht jede Erwartung erfüllen. Und manches wird auch nicht klappen. Nicht jeder Patient wird von seiner Ärztin gesund gemacht. Nicht jeder Brief des Postboten hat eine gute Nachricht und der Kassierer kann nicht selbst dafür sorgen, dass Klopapier und Hefe wieder vorrätig sind. Trotzdem geben sie alle ihr Bestes. Sie sind unsere Alltagshelden. Wie meine Postbotin. Gut, dass sie da sind.

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