SWR4 Abendgedanken

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15APR2020
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400g Nudeln und 150g Speck, Karotte, Sellerie und Zwiebel, 400g Hackfleisch, Rotwein, Milch und Tomatenmark. Öl, Salz und Pfeffer nach Belieben. 

Das sind die Zutaten für Pasta mit Bolognese. Mir schmeckt das wunderbar. Und beim Kochen habe ich neulich gedacht, dass ich als Seelsorger viel von diesem Gericht lernen kann. 

Denn eine gute Soße braucht Zeit. Klar, kann ich auch in einer Viertelstunde eine Bolognese kochen, die ganz gut schmeckt. Aber so eine richtig gute Soße muss mindestens drei Stunden langsam vor sich hin köcheln. Ohne Geduld geht es nicht. So ist es in der Kirche auch. Begegnungen, Beziehungen brauchen Zeit. Die muss ich mir einfach nehmen. Wenn jemand mit mir spricht, möchte ich ihr nicht das Gefühl geben, dass ich gleich zum nächsten Termin muss und dass ich gedanklich ganz woanders bin. Egal ob wir telefonieren oder uns persönlich treffen: Die andere soll spüren, dass sie mir wichtig ist. Dass ich Zeit für sie habe. 

Nach einem großen Teller Pasta macht sich ein wohliges Gefühl im Körper breit. Ich bin dann so richtig satt und zufrieden. Das will ich auch als Seelsorger schaffen. Ich arbeite in der Kirchengemeinde mit Jugendlichen und Erwachsenen. Da will ich kein Fastfood für die Seele anbieten – fix zubereitet und serviert – und nach einer halben Stunde hat man wieder Hunger. Menschen, die sich an Leute von der Kirche wenden, haben ein Bedürfnis. Sie wollen sich mit anderen treffen, brauchen Hilfe oder suchen Antworten auf das, was sie beschäftigt. Und ich glaube, ich habe meinen Job gut gemacht, wenn die Menschen zufrieden und mit einem guten Gefühl im Bauch nach Hause gehen. 

Und noch was: Bei Pasta dürfen die Nudeln auf keinen Fall zu lange im Topf bleiben. Niemand mag klebrige und aufgeweichte Spaghetti. Sie müssen noch Biss haben. Das versuche ich auch als Seelsorger zu schaffen. Die Leute sollen was zu beißen haben, wenn ich von Gott und meinem Glauben spreche. Darüber nachdenken und neugierig werden, mit mir diskutieren und erzählen, was sie glauben. Ich will nicht wachsweich rumlabern, sondern klar sein, wenn ich rede und handle.

Die Leute, die sich bei der Kirche engagieren, wollen für die Menschen da sein und ihnen was Gutes tun. Und deshalb können sie und ich von einem Teller Pasta viel lernen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30661
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