SWR3 Gedanken

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16MRZ2020
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Ich bin mit dem Auto auf der B3 unterwegs, ein bisschen zu schnell vielleicht für eine 70er-Zone. Da zeigt mir ein Auto aus dem Gegenverkehr die Lichthupe. „Warum blendet der mir jetzt auf?“, überlege ich noch. Mach ich irgendwas falsch? Ist was kaputt? Ach, bestimmt kommt da irgendwo ein Blitzer.

Und prompt hundert Meter weiter steht er auch schon. Zum Glück hatte ich abgebremst und ich bin nicht geblitzt worden. Klar, bin ich jetzt erleichtert, aber irgendwie fühle ich mich auch komisch. Denn obwohl mich andere schon oft gewarnt haben, habe ich das selbst noch nie gemacht. Ich blende nie auf, damit andere keine Strafzettel kriegen.

Viele finden ja diese Blitzer-Warnerei nicht gut, weil sie sagen: „Wer zu schnell unterwegs ist, der soll auch dafür bezahlen.“ Ich sehe das anders und finde das nett, wenn ein anderer Autofahrer mich warnt, einfach so.

Eines finde ich interessant: obwohl ich dieses Mal um den Strafzettel rumgekommen bin, fahre ich in dieser 70er Zone in Zukunft bestimmt langsam. Es geht also auch ohne Strafzettel. Eigentlich doch ein schöner Effekt.

Den könnte ich außerhalb vom Straßenverkehr öfter gebrauchen. Zum Beispiel wenn ich mich über jemand anderen aufrege, mich immer mehr in Rage rede und irgendwann dann ab-lästere. Wenn dann meine Freundin zu mir sagt: „Du, jetzt warte mal. Der andere hat auch seine Gründe. Lass es jetzt gut sein.“, dann wirkt das so wie eine Lichthupe. Ohne diese Warnung, wäre ich mal wieder total rein gerauscht und hätte mich nur über den Anderen aufregt, statt auf mich zu schauen. Das schlechte Gefühl danach – inklusive.

Meine Freundin hat mich mitten im Gespräch gewarnt, anstatt mich hinterher irgendwie abzustrafen. Das hat mir gut geholfen.

Genau wie beim Blitzer: eine nett gemeinte Warnung wirkt genauso wie die saftige Strafe und ist viel sympatischer.

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