SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

28MRZ2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Meine Bekannte Beate hat mal gesagt, wir sollten ja auch nicht vergessen, zu jammern und zu klagen. Ein etwas eigenwilliger Ratschlag, wer will das schon, ein Jammerlappen sein?

Bei Trauergesprächen höre ich tatsächlich immer wieder mal: Sie hatte es wirklich schwer im Leben, aber geklagt oder gejammert hat sie nie. Oder er. Und es scheint so, als würden die Angehörigen das bewundern.

Beate findet das aber ganz falsch. Sie meint, die Gefühle müssen raus, gerade auch die schlechten. Sie weiß das aus eigener Erfahrung. Sie hat sich das Schreien in ihrer Seele, das Jammern und Klagen so sehr verboten, dass es sie krank gemacht hat. Sie ist in ein großes dunkles Loch gefallen, in eine tiefe Depression. Erst ein Aufenthalt in der Klinik hat ihr geholfen, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.

Nicht zu reden, nie etwas zu beklagen und stattdessen immer weiter zu funktionieren, das macht letztendlich krank. Klar soll man nicht allen mit Dauergenöle auf die Nerven fallen. Aber reden über das, was mich bewegt, anderen mein Leid klagen oder mir das der anderen anhören - das ist Mitleiden im guten Sinne. Und im christlichen, denn so hat es auch Jesus vorgelebt.

Und: Wenn ich klage, sage ich ja nicht nur, was mein Herz bedrückt, sondern auch, für was und wie mein Herz schlägt. Wer dagegen alles für sich behält, bedrückt sein Herz – im Zweifel so lange, bis es nicht mehr schlägt.

Jetzt in der Zeit vor Ostern - in der Passionszeit, der Leidenszeit – üben wir Christen das sogar ein. Klagen, jammern über das, was uns bedrückt, in uns - in dieser Welt. Nicht, weil wir Jammerlappen sind, sondern damit wir - wie Beate – wissen wofür und wie unser Herz schlägt und das Leben wieder richtig spüren können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30543
weiterlesen...