SWR3 Gedanken

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07MRZ2020
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In einem kleinen Dorf in Dänemark stirbt ein alter Mann. Allein. Keine Angehörigen und keine Freunde sind mehr da. Es können nicht einmal genug Menschen gefunden werden, um den Sarg bei der Beerdigung zu tragen. Diese Aufgabe wird in Dänemark eigentlich von Familienmitgliedern und Freunden übernommen. Die Pfarrerin Sarah Auken wollte sich damit nicht zufriedengeben. Über einen Facebook-Post hat sie deshalb dazu aufgerufen, zur Beerdigung des Mannes zu kommen. Die Resonanz war groß. Über 90 Trauergäste haben dem einsamen Verstorbenen die letzte Ehre erwiesen. 

Die Meldung hat mich gerührt und wachgerüttelt. Ich kenne viele ältere Menschen um mich herum, die vermutlich einsam sind. Die Gründe dafür sind immer die gleichen: körperliche Einschränkungen hindern einen daran, das Haus zu verlassen; die Angehörigen sind entweder verstorben, haben wenig Zeit oder wohnen weit weg. Darum kann niemand hören, worüber er oder sie sich sorgt oder wenn er oder sie in Not ist. Der einsame Verstorbene in Dänemark hatte auch niemanden mehr. Vermutlich hat das die vielen Leute dazu bewegt, ihm die letzte Ehrezu erweisen. 

Die Nachricht hat mich aber auch dazu gebracht, mir zu überlegen, wem ich demnächst mal wieder die Ehre erweisenmöchte. Nicht erst bei der Beerdigung. Zum Beispiel der ehemaligen Mesnerin in meinem Heimatort, eine gute Seele, die alle liebevoll immer Tante Erna nennen. Sie kommt immer dann aus dem Haus, wenn Frauen aus der Gemeinde sie abholen zum Gottesdienst, weil der Weg mit dem Rollator zu weit wäre. Bestimmt würde sie sich über einen Besuch von mir freuen. 

Am Leben Anteil zu nehmen, finde ich nicht erst bei der letzten Gelegenheit wichtig, sondern jeden Tag!Das hat mir Pfarrerin Sarah Auken aus Dänemark mit ihrem Post klargemacht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30460
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