SWR3 Gedanken

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05MRZ2020
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Ich weiß nicht, wann mir das letzte Mal so richtig langweilig war. Vermutlich war es in meiner Jugend. 

In letzter Zeit habe ich jedenfalls immer mehr das Gefühl, nur noch so durchs Leben zu hetzen. Eine Aufgabe jagt die nächste, der Terminkalender ist prall gefüllt, die Wochenenden sind lange im Voraus verplant. Und wenn ich dann doch mal eine ruhige Minute habe, ertappe ich mich dabei, wie ich auf dem Smartphone die sozialen Medien abklappere oder mich anderweitig verplane. Ganz nach dem Motto: Bloß keinen Leerlauf zulassen und jede zeitliche Lücke füllen. 

Dabei weiß ich genau, dass mir auch mal Nichtstun und Langeweile guttun würden. Es fühlt sich so an, als hätte ich es fast verlernt, mit mir und meinen Gedanken allein zu sein. Mein Mann weist mich manchmal darauf hin, nicht in jeder kleinen Pause das Smartphone aus der Tasche zu ziehen. Er schaltet seines hin und wieder bewusst aus, legt sich still auf die Couch und denkt nach. Als ich ihn darauf anspreche, worüber er nachdenkt, antwortet er mir: „Ich denke über den Tag nach. Was hab ich gemacht? Wen habe ich getroffen? Mit wem habe ich gesprochen?“ Mir kommt es so vor, dass das meinem Mann hilft, gelassen und entspannt zu bleiben. 

Wie wichtig das für mich wäre, merke ich an Tagen, an denen es mal wieder besonders schlimm ist. Dann kann ich abends ganz schlecht einschlafen, weil mir noch soviel durch den Kopf geht. Mein Mann legt sich hin und schläft sofort ein. 

Jetzt in der Fastenzeit will ich das ganz bewusst ändern: Meine freie Zeit will ich nicht sofort wieder verplanen. In den kleinen Pausen will ich bewusst Leerlauf aufkommen lassen. Ohne Smartphone, Tablet oder Streaming. Auf das Gefühl bin ich total gespannt und darauf, ob es mir vielleicht endlich mal wieder langweilig wird.

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