SWR3 Gedanken

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09FEB2020
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„Wir sind schneller darin, Köpfe zu waschen als Füße.“ Eine Kollegin hat das gesagt und mir ist dieser Satz seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und ich denke, sie hat recht. Wie schnell sind wir darin, anderen den Kopf zu waschen - statt die Füße.

Ist man zum Beispiel nicht einverstanden mit einer Entscheidung, wurde vielleicht sogar eine Fehlentscheidung getroffen, wird demjenigen ratzfatz der Kopf gewaschen, auch gerne vor allen anderen. Man stellt sich über den, dem man den Kopf wäscht, behandelt ihn wirklich von oben herab. Hat jemand zum Beispiel einen Vortrag versemmelt oder einen Brief ungeschickt formuliert oder was weiß ich, wird beschimpft was das Zeug hält, gerne auch im Internet. Es werden Schuldige gesucht, abgekanzelt und fertig gemacht. Also das ist ja nicht nur Kritik am Verhalten, am Vortrag, am Brief, das ist eine Herabsetzung der gesamten Person.

Dabei hat Jesus uns ein ganz anderes Beispiel gegeben, wie wir miteinander umgehen sollen: nach einem langen, heißen und anstrengenden Tag sitzen die Jüngerinnen und Jünger Jesu zusammen, da nimmt Jesus eine Schüssel, bindet sich eine Schürze um und fängt an, allen die Füße zu waschen. Die Jünger sind entsetzt, Jesus solle sich doch bitte nicht so vor ihnen erniedrigen. Füße waschen war ja Sklavenarbeit. Wenn Jesus nun seinen Jüngern die Füße wäscht, dann tut er etwas, wofür „er sich nicht zu schade ist“- Jesus kümmert sich um die verletzte Seite, um die Unfähigkeit, aus der das Fehlverhalten entstanden ist, ohne die Person zu beschämen. Denn wenn man jemandem die Füße wäscht, dann wird die Perspektive umgekehrt, man handelt „von unten“, man bemüht sich, den anderen zu verstehen, ihm zu helfen.

Sicher, man kann anderen den Kopf waschen. Damit sie sich das für immer merken. Man kann aber auch Füße waschen, versuchen zu verstehen und weiterhelfen. Wie Jesus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30286
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