SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

03FEB2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Gestern war wieder so ein Tag, an dem in der Kirche nur die kurze Version des Evangeliums vorgelesen wurde. Der Teil, den wir nicht zu hören bekamen, handelt – wen wundert ´s – von einer Frau. An Maria Lichtmess wird erzählt, wie Joseph und Maria, wie alle Eltern damals, mit ihrem Neugeborenen in den Tempel gehen und ein Opfer bringen. Im Tempel begegnen sie Simeon und Hanna. Diese beiden alten Menschen leben schon lange dort. Simeon erkennt, dass Jesus der Erlöser ist, auf den die Menschen schon so lange warten. Und mit seinem Lobgebet endet die Kurzfassung des Evangeliums. Ich finde, danach geht es noch spannend weiter. Denn dann wird von Hanna erzählt, die auch schon lange im Tempel lebt. Und so wie Simeon erkennt sie in Jesus den Retter, den Heiland und sie erzählt allen davon. Mich berührt diese Geschichte immer wieder. Nicht nur die Hirten auf dem Felde, nicht nur die heiligen drei Könige, auch Hanna erkennt das Besondere in Jesus und seiner Mutter. Und sie in guter Gesellschaft. Denn ebenso sieht es Elisabeth, als Maria sie während ihrer Schwangerschaft besucht. Beide Frauen sind schon älter, also eher Omas. Beide geben Maria und Jesus ihre uneingeschränkte Unterstützung. Sie bestätigen Maria in dem, was sie bisher erlebt hat und sie danken Gott für Jesus.

Wenn ich an Hanna und Elisabeth denke, dann sehe ich auch Frauen aus unserer Gemeinde vor mir. Sie unterstützen ihre Kinder und Enkelkinder uneingeschränkt und mit großer Liebe. Sie sind oft wie ein Schutzengel für die jungen Familien, weil sie mit ihrer Lebenserfahrung weitersehen und gelassener reagieren. Sie sind auf eine andere Art und Weise dankbar für das neugeborene Leben, weil sie um die Zerbrechlichkeit und die Endlichkeit des Lebens wissen.

Und: alle frischgebackenen Großeltern erzählen vom Wunder des Neugeborenen, von dem schönsten Enkelkind von allen – und heute gibt es dazu tausend Handyfotos.

„Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat“ sagt Martin Luther. Omas tragen die Hoffnung und die Zuversicht weiter –häufig sind sie diejenigen, die den Glauben an die Enkelkinder weitergeben.Eine junge Oma erzählte mir, dass sie mit ihrem Enkelkind auf dem Friedhof war und dort über Sterben und Leben nach dem Tod gesprochen hat.Die kleine Enkelin sagt: Gell, Oma, die Mama glaubt nicht so an Gott, aber wir beide schon!Die Erfahrung, dass ältere Menschen das Leben der kleinen bereichern, sie gilt auch heute noch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30277
weiterlesen...