SWR2 Wort zum Tag

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03FEB2020
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Gestern vor 75 Jahren ist der Jesuit Alfred Delp in Berlin hingerichtet worden, gerade mal 37jährig - ein trauriger Anlass also und doch ein kostbarer Gedenktag. Delps einziges Verbrechen war es, dass er sich Gedanken machte über ein neues Deutschland nach Hitler, und das als Jesuit und mit anderen wie Graf Moltke im Kreisauer Kreis.  Auf dem Weg zu dem Fleischerhaken in Plötzensee, an dem er gehenkt wurde, sagte Delp dem Pfarrer: „In einer halben Stunde weiß ich mehr als sie.“ Aber dieser Galgenhumor war hart erkämpft. Delp liebte das Leben und bis zuletzt hatte er gehofft, dass er gerettet würde.  Der Vormarsch der russischen Armee war ja unaufhaltsam, und die Befreiung Berlins war nahe.

„Es sollen einmal andere besser und glücklicher leben dürfen, weil wir gestorben sind“, so schrieb Delp in einem Abschiedsbrief. Ob wir das heute tun? Gewiss hat sich so viel zum Guten und Besseren gewendet. Nicht auszudenken, dass wir schon 75 Jahre in Frieden leben dürfen und anständige Verhältnisse haben. Aber in der Nahaufnahme gibt es doch Probleme genug.  Die Konjunktur rechtsextremer Nazi-Parolen ist eines.  Der zunehmende Antisemitismus ein anderes. Dass wir demokratische Verhältnisse haben, ist keineswegs selbstverständlich. Schon deshalb   ist es so wichtig, an Leute wie Alfred Delp und Helmuth Graf von Moltke zu erinnern.  Sie haben viel investiert, wir profitieren davon. Wir stehen auf ihren Schultern.

Beide waren entschiedene Christen. Auf dem letzten Zettel, der von Delp erhalten ist, steht: „Beten und glauben. Danke.“ Der tiefste Grund seiner Widerstandskraft war der Glaube an Gott. Und der wird konkret in der Kraft des Gebetes. Ja, Beten insgesamt ist ein Akt des Widerstandes. Denn da wird an die höchste Instanz appelliert, da findet man sich mit den bestehenden Machtverhältnissen  nicht ab, da gibt es eine größere Hoffnung. Delp sagte es so: „Die Geburtsstunde der menschlichen Freiheit ist die Stunde der Begegnung mit Gott.“ Beten ist keine Flucht aus der Realität, ganz im Gegenteil. Mit Delp kann man den Alltag ins Gebet nehmen, wortwörtlich. Beten ist Ausdruck und Quelle von Widerstand. Dass Delp das bis zuletzt beweisen konnte, ist wohl sein größtes Vermächtnis. Es macht auch ihn zu einem der Gründerväter der Republik. 

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