SWR3 Gedanken

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07FEB2020
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Deborah kommt aus dem südamerikanischen Guayana. Ihre Vorfahren sind Afrikaner, die versklavt wurden. Deborah studierte Medizin in Deutschland und arbeitet schon lange als Ärztin hier. Einmal wird sie von Patienten, die sie zuvor behandelt hat, bespuckt. Dabei hört sie das hässliche Wort mit N am Anfang, das benutzt wird, um schwarze Menschen zu diskriminieren. Deshalb ging sie Mitte Januar in Köln demonstrieren. Ein großes Banner wurde vorneweggetragen: „N-Wort stoppen!“

Denn kurz vor Weihnachten 2019 hatte das Landesverfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern geurteilt, dass das N-Wort, dass ein gewählter Politiker im Parlament mehrfach benutzt hatte, die „Würde oder die Ordnung des Hauses“, also des Landtages, nicht verletze.[1]Das sehe ich anders. Das N-Wort verletzt definitiv, und zwar Menschen. Menschen wie Deborah oder Mariyam.

Mariyam ist Schülerin. Zu ihr wird das N-Wort in letzter Zeit immer öfter gesagt. Sie erzählt mir: „Es macht mich fertig. Es ist das Wort, das so viele meiner Vorfahren als letztes gehört haben, bevor sie auf Baumwollplantagen umgebracht wurden.“ Von weißen Farmbesitzern. Es ist das Wort, dass auch in deutschen Kolonien wie Namibia Menschen diskriminierte. Darum ist es kein Wort, es ist ein Unwort.

Wenn Deborah oder Mariyam so genannt werden, dann sind sie erst einmal sprachlos. Dann können sie es nicht fassen, dass ein solches Unwort wieder salonfähig wird. Deshalb braucht es dann alle, die drumherum stehen und das mitbekommen. Sie müssen den Mund aufmachen. „Jeder, der nichts gegen Rassismus tut, ist Teil des Problems“, sagt Mariyam.

Ähnlich hat das schon Martin Luther King formuliert: „Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde“[2]. Und wie Martin Luther King glaube ich, dass jeder Mensch „ein Kind Gottes und nach seinem Bild geschaffen ist."[3]- völlig unabhängig von gesellschaftlichem Rang, Religion, von Hautfarbe oder Herkunft.

 

[1]Vgl. https://taz.de/Die-alte-Debatte-um-das-N-Wort/!5647620/

[2]https://www.facebook.com/SWR1BW/photos/trauriger-jahrestag-am-4-april-1968-wurde-martin-luther-king-bei-einem-attentat-/1737064793017840/

[3]https://www.evangelisch.de/taxonomy/term/18521

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30260
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