SWR3 Gedanken

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25JAN2020
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„Du kannst einfach nicht gut streiten.“ Das sagt mein Mann zu mir, und er hat recht.

Ich habe es nie gelernt. Denn in der Familie, in der ich groß geworden bin, haben wir so gut wie nie gestritten. Natürlich hat es da auch Probleme gegeben und die gibt es immer noch, aber trotzdem streitet da keiner so richtig. Weil meine Geschwister und ich das so trainiert haben, dass man sich lieber eine Weile aus dem Weg geht, anstatt irgendwas Schwieriges anzusprechen. Es wird sich schon von allein wieder einrenken.

Bei meinem Mann ist das gerade andersrum. Der ist in seiner Familie damit aufgewachsen, dass es ganz normal ist, wenn man streitet. Deswegen geht mein Mann auch lockerer mit Konflikten um. Er sagt einfach schneller, wenn ihn etwas stört.  

Jahrelang habe ich das belastend gefunden, dass ich nicht streiten kann. Denn seit ich meinen Mann kenne merke ich, wie wichtig es ist, dass man Probleme angeht. Vor allem bei den großen Geschichten.

Aber mein Mann hat auch etwas von mir gelernt: Manchmal ist nämlich auch der Weg besser, den meine Eltern mir vorgelebt haben. Wenn ich dem Streit erst gar keine große Bühne biete. Wenn über die kleinen Sachen, die mich am Anderen nerven oder anstrengen, auch mal Gras wachsen darf. Das Eine oder andere erledigt sich tatsächlich oft von allein. In den kleinen Streitigkeiten, die irgendwie nicht so wichtig sind, sag ich dann zu meinem Mann: „Ach, lass gut sein. Den Streit, den schenken wir uns jetzt einfach.“

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