SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

17JAN2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Im Herbst ist eine Freundin von mir gestorben. Auf der Intensivstation im Krankenhaus. Vier Wochen war sie dort und hat auf den Tod zu gelebt. Das war traurig, aber nicht nur traurig.

Weil sich längst eine kleine Community um die seit 30 Jahren alleinlebende Maria herum gebildet hatte. Ihre Tochter, der Exmann, eine Hausmitbewohnerin, ich, befreundete frühere Kolleg*innen.

Wir haben uns an ihrem Bett abgelöst, uns ausgetauscht und uns gemeinsam über jede gelungene Kommunikation mit Maria gefreut.

Richtige Gespräche mit ihr hat ein Beatmungsschlauch mehr als mühsam gemacht. Aber manchmal ist es uns gelungen, ihr von den Lippen abzulesen. Und an guten Tagen hat sie sogar gelacht.

Eigentlich wollte Maria ja ganz anders sterben: selbstbestimmt, unabhängig. Sie hat befürchtet, dass das langsame Sterben sie immer einsamer machen würde, bis zuletzt der Tod auch die letzte Beziehung zerstört.

Ihre Krankheitsgeschichte hat ein selbstbestimmtes Sterben nicht möglich gemacht. Ich weiß, dass sie deswegen zuerst einmal sauer auf Gott war.

Aber dann hat sie erlebt, dass ihr Sterben sie nicht einsam gemacht hat. Sondern, dass sie im Sterben der Mittelpunkt von so viel geteiltem Leben war.

Denn unsere kleine Besuchscommunity hat nicht nur Maria begleitet, sondern wir haben in dieser Zeit unsere Gedanken, Zweifel und Überzeugungen auch miteinander geteilt.

Dass ein sterbender Mensch für so viele lebendige Impulse sorgen kann! Seither frage ich mich: Wie wird es da erst auf der anderen Seite zugehen? Da, wo Gott selbst das Leben übernimmt. Da, wo Maria jetzt ist …

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30137
weiterlesen...