SWR2 Wort zum Tag

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Die Zukunft: mit vielen Geheimnissen und Überraschungen ist zu rechnen – und das ist ok…

Wenn ein Mensch aus dem Volk der Aymara über die Zukunft spricht, zeigt er mit der Hand über die Schulter, nach hinten also. Und wer in die Vergangenheit weist, hat sie sozusagen vor sich liegen. Die Zukunft: Das ist das Unbekannte; das, was noch unsichtbar ist – die Vergangenheit dagegen ist wie ein aufgeschlagenes Buch vor uns. Wir kennen sie.

Die Aymara sind eines der indigenen Völker in den Anden – in Bolivien Chile Peru. Ihre Handbewegung nach hinten in die Zukunft hat mich ein wenig ausgebremst, als ich überlegte, was dieses Jahr noch alles bringen wird – dreihundertsechsundfünfzig Tage von 2020 liegen ja noch vor mir. Einiges ist schon ganz klar – dass es ein Schaltjahr ist mit 29 Tagen Februar; dass es mein erstes komplettes Jahr als Rentner ist. Termine liegen schon fest – und trotzdem wird selbst Weihnachten wie immer so plötzlich kommen.

Aber es gibt auch Geheimnisse – Dinge, die ich noch nicht sehe wenn ich in das Jahr hineinblicke. Nicht nur so kleine Geheimnisse wie „Was das Christkind bringen wird“ oder was es am Geburtstag zu Essen geben könnte. Sondern auch die großen Unbekannten, die das Leben und die Zukunft in den kommenden Monaten bereithalten werden – die schönen Überraschungen und die weniger angenehmen oder sogar traurigen: sind doch eigentlich noch ein großes Geheimnis.

Geheimnisse gehören zum Leben dazu; sie helfen dabei, einen ganz eigenen Bereich für sich selbst zu haben. Wer ein Geheimnis hat, will selbst entscheiden können, mit wem er es teilt und mit wem nicht. Und das große Geheimnis „Zukunft“ ist dem Menschen geschenkt – damit er sie selbst mitgestalten kann. Ich muss zusammen mit meiner Frau mit der neuen Situation „Rente“ umgehen lernen; ich sollte daran arbeiten, ein guter Opa für den kleinen Tim zu werden… Und viele andere Zukünfte: erst mal noch unbekannt, geheim, spannend und irgendwie abenteuerlich. Für mich finde ich das okay – ich lasse mich auch gern überraschen.

Denn ich bin zuversichtlich: Was mich auch treffen wird in diesem noch so jungen Jahr zweitausendundzwanzig – schöne und freudige Überraschungen und Ereignisse oder eher traurige… Ich lebe in Gottes großer Hand, die mich trägt und hält und die mich beschützt und freilässt, damit ich lebe. Die Hand eines Gottes, der die Menschen liebt und mich auch. Mit ihm an der Seite dürfen manche Wege und Kreuzungen und Serpentinen und Steilstücke noch verborgen bleiben – mit Gott an meiner Seite und mit Menschen, mit denen ich verbunden sein darf, wird auch dieses Jahr ein gutes Jahr werden.

Das wünsche ich ihnen auch!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30092
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