SWR2 Wort zum Tag

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06JAN2020
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Ausgerechnet der Feiertag „DreiKönige“ zieht Grenzen – dabei steht er eigentlich für die Überwindung aller Grenzen und den Anfang der Globalisierung…

Schade eigentlich, dass ausgerechnet dieser Feiertag schon am Anfang des neuen Jahres gleich wieder Grenzen aufbaut. Einmal – schon im Sendegebiet von SWR 2 ist das zu spüren – ist da eine Feiertags-Grenze: Schulfrei und arbeitsfrei in Baden-Württemberg und Bayern und Österreich – Arbeitstag bei uns hier in Rheinland-Pfalz und im Saarland – und da müssen die Kids sogar in die Schule … Schade – können wir nicht wirklich gemeinsam feiern.

Eine Grenze, leider, zieht dieser Feiertag auch durch die Christenheit. Im Osten, also in den Kirchen der Orthodoxie, ist heute und in der kommenden Nacht das eigentliche Weihnachtsfest. Und im Westen ist heute dann sozusagen nur noch der Dreikönigstag. Also die Erinnerung an die Geschichte von drei Sterndeutern oder eben Königen; die haben einen neuen Stern gesehen und ihn als Zeichen dafür gedeutet, dass ein neuer König geboren ist.

Der Stern war ihr Navi auf dem Weg durch die Wüste; da sind sie schließlich nach Jerusalem gekommen und haben am Königshof und im Tempel ziemlich Furore gemacht. Wie – ein neuer König, in Israel? Der amtierende König – in Wirklichkeit ja nur ein Unterkönig der römischen Besatzungsmacht – König Herodes also bekommt es mit der Angst. Befürchtet Verrat, Aufstand, Unruhen jedenfalls. Sehr zu Recht übrigens – muss ein Despot gewesen sein. Schickt jedenfalls nach den Hof- und Tempeltheologen; und die kombinieren sich aus ihrer Bibel zusammen, dass – wenn überhaupt – ein Königskind in Betlehem geboren sein könnte. Da schickt Herodes seine Staatsgäste hin – und macht zugleich einen Deal mit ihnen: Sie sollen schon mal spitzeln und das Königskind finden – und ihm dann melden. Damit ich ihn auch selbst verehren kann… Naja: Herodes hatte auch kein Impeachment zu fürchten.

Jedenfalls sind die weitgereisten Fremden weitergewandert – war ja nur noch eine kurze Strecke; geleitet hat sie wieder der Stern. Und am Rande der Stadt – in einem Stall – haben sie das Kind und seine Eltern gefunden. Königskind? Neu geborener König? Sah alles ein bisschen anders aus. Aber die Weisen aus dem Osten verehren und beschenken das JesusKind; und lassen den König Herodes und seinen perfiden Deal links liegen, als sie wieder heimwärts ziehen.

Diesen Tag jedenfalls, die Begegnung des Jesuskindes mit der weiten Welt also feiern die christlichen Schwestern und Brüder im Osten in den orthodoxen Kirchen als ihr eigentliches Weihnachten. Gottes Sohn überschreitet die Grenzen des eigenen Volkes und damit auch die Grenzen seiner eigenen jüdischen Glaubensgeschichte – Erscheinung des Herrn für die ganze Welt.

In der alten Bibel werden auch schon alle Grenzen überschritten. Beim Propheten Jesaja bricht ja mit der Geburt eines Kindes das Heil für die ganze Welt aus. Schon ein halbes Jahrtausend vor Christus kommt es da zur Globalisierung des Glaubens und der Menschheit; die ganze Welt entdeckt Israels Gott als ihren wahren Gott: „Nationen wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz… damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht.“

Sterndeuter aus dem Osten oder Heilige Könige – das ist für die spätere christliche Erzählung kein Unterschied.

Und ähnlich egal ist eigentlich, ob die Christenmenschen und die Kirchen heute Erscheinung des Herrn feiern und Weihnachten oder drei Könige aus dem Morgenland: Das Fest spricht von einer Globalisierung, die älter ist und eigentlich auch moderner und umfassender als alles, was heute Globalisierung heißt. Gott ist Mensch geworden für die ganze Welt. Gottes Reich von Gerechtigkeit und Frieden bricht an – und sprengt schon gleich am ersten Tag all die lokalen Grenzen, die die Menschen so sehr zu brauchen meinen und die sie um sich herum errichten und hegen und pflegen. Das christliche Abendland – schon ganz am Anfang ist es nur zu verstehen mit ganz offenen Grenzen und zusammen mit den Männern aus dem Osten, also aus dem so genannten Morgenland!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30088
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