SWR3 Gedanken

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03JAN2020
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Gut, ich gestehe: Ich liebe es, in meiner Wochenendzeitung die Todesanzeigen zu lesen. Ich weiß, das machen angeblich nur ältere Menschen und es hört sich etwas morbide an. Aber ich lerne dabei so vieles über das Leben. Trauriges wie Komisches. Letztens habe ich diesen Spruch auf einer Todesanzeige gelesen: „Müh und Arbeit war dein Leben, treu und fleißig deine Hand, Ruhe hat dir Gott gegeben, denn du hast sie nie gekannt.“ Oh weh. Nur Mühe und Arbeit kennen? Sein Leben lang immer nur treu und fleißig sein? Keine Ruhe, kein Entspannen, kein „das Leben einfach mal genießen“. Entsetzlich. Mir hat der arme Mann so leid getan.

Ich habe sofort meine Schwester angerufen und gesagt: Sowas will ich auf meiner Todesanzeige mal nicht lesen, bitte.

Klar gibt es auch in meinem Leben „Mühe und Arbeit“. Als Pfarrerin hetze ich manchmal ganz schön durch die Tage: Gottesdienste, Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Religionsunterricht, Papierkram … das schon. Ich vermute mal, Terminstress bringt jeder andere Beruf auch mit sich. Doch ich muss sagen, ich bin sehr gern Pfarrerin, ich liebe meine Arbeit, sie macht mich zufrieden und erfüllt mich.

Besonders, weil ich auch die Ruhe genießen kann. Ruhe bekomme ich tatsächlich von Gott geschenkt – immer am Tag der Ruhe, am Sonntag. Und ich genieße diesen Ruhetag: mit der Familie frühstücken, Gottesdienst feiern, einen Mittagsschlaf halten oder einen Ausflug machen, lecker kochen und essen. Diese Ruhe schenkt mir immer wieder Kraft.

Bald ist ja wieder Wochenende. Und ein bisschen Sonntag ab und an sollte sich jeder gönnen. Und nicht erst im Grab Ruhe haben…

Dietrich Bonhoeffer: Die Zehn Gebote enthalten kein Gebot zu arbeiten, aber ein Gebot, von der Arbeit zu ruhen. Das ist die Umkehrung von dem, was wir zu denken gewohnt sind.

Inspiriert von Mosaik meines Lebens von Bernd Hüffmann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30055
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