SWR4 Abendgedanken

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02JAN2020
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„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ Mk 9, 24) ein verzweifelter Vater hat das mal zu Jesus gesagt. Er wollte, dass Jesus seinen Sohn gesundmacht. „Wenn du etwas kannst,“ hatte der Vater gesagt, „dann hilf ihm“. Und Jesus hat gemerkt: Eigentlich traut der Vater ihm das nicht zu. Aber wer weiß, man kann es ja mal probieren, hat der Vater wohl gedacht. Man wird ja sehen. Deshalb hat Jesus ihm geantwortet: „Wer glaubt, kann alles.“ An Gott glauben, das heißt nämlich: Gott etwas zutrauen. Und das konnte der Mann damals nicht wirklich. Deshalb bittet er: Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Die Kirchen haben diesen Satz als Motto für das neue Jahr ausgesucht. Und ich glaube, dieser Satz von einem Menschen aus ferner Vergangenheit, der passt wirklich auf viele von uns Menschen heute. Ganz viele glauben irgendwie an Gott. An eine höhere Macht, die es ja doch geben muss. Manche nennen sie Liebe. Manche Gerechtigkeit. Aber sie trauen ihr nichts zu. Nicht der Liebe, nicht der Gerechtigkeit, erst recht nicht Gott. So, wie der Vater damals: „Wenn du etwas kannst“ hatte der gesagt und eigentlich wohl gedacht: das hat doch keinen Sinn. Das klappt doch sowieso nicht. Aber niemand soll sagen, ich hätte nicht auch dies versucht.

So ähnlich ist das, wenn Menschen heute von der Liebe reden. Oder von der Gerechtigkeit, oder von Gott. Warten wir’s ab, heißt das oft. Wir werden ja sehen. Aber bloß abwarten bringt einen nicht weiter, glaube ich. Wenn ich auf die Liebe setze, dann muss ich anfangen damit. Lieben. Meine Liebe zeigen. Für den anderen da sein. Ihm guttun. Nicht abwarten, dass er etwas tut. Wenn ich an Gerechtigkeit glaube, dann muss ich bereit sein, zurückzustecken, wo ich im Vorteil bin. Damit das, was da ist, für alle reicht. Abwarten, dass andere das regeln, bringt nichts. Und wenn ich an Gott glaube, dann muss ich auf ihn vertrauen, nicht bloß auf Wunder warten. Auf ihn vertrauen und den Weg gehen, den Jesus gezeigt hat. Barmherzig sein, auch wo ich nichts zu erwarten habe. Geduldig, sogar auch beim fünften und sechsten Fehlversuch. Freundlich, damit andere meine Freunde werden.

Glauben heißt, Gott etwas zutrauen und deshalb nicht abwarten, sondern erste Schritte gehen. Das ist nicht leicht. Dafür braucht man Hilfe. Deshalb finde ich das Motto für dieses Jahr gut: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30047
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