SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

27DEZ2019
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Eine gute Freundin von mir sagt am 27. Dezember Jahr für Jahr: „Trinkt die Liebe des Heiligen Johannes“. Das ist wohl eine alte Redewendung für den Johannestag. Ich kenne sie nur von ihr. Und sie spielt darauf an, dass heute, am Tag des Heiligen Johannes in der katholischen Kirche Wein gesegnet wird, den man dann mit der Familie und Freunden trinkt.

Der Heilige Johannes gilt als der Lieblingsjünger Jesu. Johannes liegt beim letzten Abendmahl an der Brust Jesu und ist ihm so kurz vor seinem Tod unmittelbar nahe. Als alle anderen Jünger Jesus nach der Verhaftung verlassen, lässt Johannes ihn nicht im Stich, sondern bleibt bei ihm bis er stirbt. Seine Zuneigung zu Jesus ist unerschütterlich und treu. Und keine äußeren Hindernisse oder Gefahren halten ihn davon ab, zu dem zu stehen, der ihm lieb ist.

In einer späteren Legende wird das noch deutlicher. Johannes ist als Missionar in Ephesus und will die Leute dort zu Jesus bekehren. Das passt vielen natürlich nicht, denn Ephesus ist die Hochburg einer ganz anderen Verehrung. Dort dreht sich alles um Diana. Und so wie es heute in den Wallfahrtsorten Andenkenverkäufer gibt, gab es damals in Ephesus Goldschmiede, die Diana-Amulette verkaufen und damit ihr Geld machen. Dass da ein christlicher Apostel wie Johannes kommt, passt ihnen nicht ins Geschäft. Sie müssen ihn loswerden. Sie bewegen ihren Chefpriester dazu, dass er Johannes zwingt, entweder Diana ein Opfer zu bringen oder einen Kelch mit vergiftetem Wein zu trinken, an dem schon zwei Männer gestorben sind. Johannes schlägt das Kreuz über dem Kelch, trinkt daraus und überlebt. Hier zeigt sich wieder, wie stark seine Liebe zu Jesus und seiner Sache ist. Ich kann mir vorstellen, was ihn innerlich so stark gemacht hat: Er hat erfahren, dass Jesus ihn bedingungslos liebt. Diese Liebe lässt sich durch nichts unterkriegen.

Ich trinke im Alltag gerne zum Essen ein Glas Wein. Aber wenn ich heute Wein trinke, dann will ich auch wie das Sprichwort sagt, die Liebe des Johannes trinken: Ich will mir mit jedem Schluck verinnerlichen, dass ich ein von Gott geliebter Mensch bin. Ohne Bedingungen. Wenn ich in diesen Weihnachtstagen mit meiner Familie und mit Freunden abends bei einem Glas Wein zusammensitze, ist es auch diese Liebe, die uns trägt. Und ich vertraue darauf, dass mich das innerlich festigt und dass ich anderen Menschen deshalb auch liebevoll und freundlich begegnen kann. Denn keiner soll ausgeschlossen werden von der Liebe Christi. Zumindest steht es so im Evangelium des Johannes.

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