SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

23DEZ2019
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In der Gegend, wo ich herkomme, gibt es die Redensart vom „Festtagsteufele“, Es geht um bevor die Feiertage oder große Feste beginnen. Ich mag diese Redensart, weil sie etwas anspricht, was ich auch gut kenne. Ich habe noch nicht alle Geschenke zusammen und muss mich nochmals in den Einkaufstrubel wagen. Es stehen noch die Lebensmitteleinkäufe an, das Haus muss geschmückt werden und ich habe längst noch nicht alle Weihnachtskarten geschrieben, die ich schreiben will. Und dann geht etwas schief oder ein anderer drängelt sich in der Schlange im Laden vor und ich reagiere viel gereizter als sonst. Dass ich so gereizt reagiere, das nennt man dann das Festtagsteufele.

Dass ich unter Stress gereizter als sonst reagiere, ist ja normal. Dabei ist der Stress selbstgemacht, er kommt davon, dass ich mir viel vorgenommen habe. Ich will meinen Beitrag leisten, dass wir in der Familie ein schönes Weihnachtsfest erleben. Dass ich dann unter Stress komme und manchmal aus der Haut fahre, gehört da wohl dazu. Aber wenn ich das weiß, macht es das ja nicht besser.

Mir hilft da eine Legende, die man von dem Wüstenmönch Antonius erzählt. Er ist ein Heiliger aus der frühen Zeit der Christen. Antonius hat sich in der Wüste in eine Höhle zurückgezogen, um dort frei von anderen Eindrücken nur für Gott zu leben. Die Legende erzählt, dass aber täglich ein Schwein in seine Höhle kam. Und weil Schweine als unreine Tiere galten, hat er es täglich wieder mit einem Knüppel vertrieben. Die Folge war aber nicht, dass das Schwein dazu gelernt hätte und weggeblieben wäre. Nein, es kam jeden Tag wieder neu zurück. Und wurde jedes Mal größer. Bis zu dem Tag, als Antonius beschloss, es nicht mehr zu vertreiben, sondern es einlud, bei ihm zu bleiben. Das Schwein blieb bei ihm und schrumpfte wieder auf eine normale Größe zusammen.

Vielleicht geht es mit dem Festtagsteufele ja ähnlich. Wenn ich dagegen ankämpfe, unter Stress nicht genervt zu reagieren, ist die Gefahr größer, dass sich bei mir Frust anstaut. Und dass ich dann bei einer der nächsten Kleinigkeiten noch stärker reagiere und andere mit meiner Reaktion verletze. Ich lade heute - am Tag vor Heiligabend das Festtagsteufele ein, bis morgen Abend bei mir zu sein. Ich gestehe mir zu, dass nicht alles so klappt, wie ich will und dass ich dann auch mal gereizt reagiere. Wenn mir klar ist, dass ich so ein Ventil brauche, mit dem ich im Stress etwas Dampf ablasse, dann kann ich es vielleicht sogar so steuern, dass ich die anderen nicht kränke, sondern dass wir gemeinsam über die Pannen lachen können, die genauso zu einem gelungenen Fest gehören wie das Festtagsteufele.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29997
weiterlesen...