SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

13DEZ2019
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Seit ein paar Jahren gibt es immer mehr sogenannte „Baumbestattungen“. Man wählt sich zu Lebzeiten einen Baum aus. Oder die Angehörigen entscheiden sich für so eine Bestattungsform für den Verstorbenen. Die Urne wird dann, wenn es so weit ist, am Fuß des Baumes beigesetzt. Der Förster schaufelt zuletzt das Grab zu und kehrt Blätter darüber. Und obenauf liegen die Blumen, die die Angehörigen und Freunde mitgebracht haben. Aber bald wird man nichts mehr davon entdecken, dass dort eine Urne beigesetzt worden ist. Wer dabei war, weiß ja, wo er hingehen muss. Eine kleine Tafel mit Namen, Geburts- und Sterbedatum erinnert an den Verstorbenen. Hoffentlich. Denn wenigstens das muss für mich von einem Menschen übrigbleiben, daran erinnern, dass er da war, dass er eine Würde hatte. 

Für viele scheint der Friedhof als Ort, wo die sterblichen Überreste eines Menschen bestattet werden, keine so große Rolle mehr zu spielen. Was früher der Normalfall war, ist heute beinahe eine Seltenheit geworden. Die klassische Beerdigung, mit Sarg in einem Reihengrab. Beerdigungen sind teuer. Und die meistens damit verbundenen Trauerfeiern auch. Die Miete der Halle, die Sargträger, der Grabschmuck. Viele suchen sich eine kostengünstigere Variante und nehmen selbst in die Hand, was sonst ein Bestatter tut. Und dann ist da noch die Grabpflege. Zehn oder zwanzig Jahre lang muss sich jemand um das Grab kümmern. Oder man beauftragt einen Gärtner, was auch wieder teuer ist. Inzwischen ist es bereits so, dass viele Menschen selbst vor ihrem Tod alles so festlegen, dass sie den Hinterbliebenen keine zusätzlichen Pflichten hinterlassen. 

Ich habe für mich selbst die Frage noch nicht entschieden, wie ich einmal beerdigt werden will. Ich beobachte aufmerksam, was sich dabei verändert und mache mir meine Gedanken. Ich glaube, es ist wichtig, dass Angehörige und Freunde einen Ort haben, an den sie gehen können, einen letzten irdischen Rest des Toten. Ein Mensch verschwindet ja nicht von einem Tag auf den anderen, wenn er stirbt. Deshalb habe ich als Pfarrer auch immer dafür gekämpft, dass niemand anonym bestattet wird, außer der Betroffene hat es sich ausdrücklich so gewünscht. Dann muss man das akzeptieren. Andernfalls sollte wenigstens ein Name bleiben. Er steht dafür, dass jeder Mensch einmalig ist, kostbar. Und dass dieser Name bei Gott, im Buch des Lebens bewahrt bleibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29935
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