SWR3 Gedanken

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14DEZ2019
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„Wer Warten kann hat viel getan“. Wie bitte? Warten ist doch der Inbegriff von passiv sein, von erzwungenen Nichtstun. Und daraus soll sich dann etwas entwickeln? Sogar viel tun? Aber vielleicht hat der Volksmund ja doch recht, wenn er mit warten nicht verdrängen oder aussitzen meint. Dinge mal ruhen lassen, sie reifen lassen kann viel produktiver sein als immer aktiv, dynamisch und druckvoll zu sein.
Wenn man mal nach der Herkunft des deutschen Wortes „warten“ schaut, dann findet man, dass es ursprünglich „auf der Warte wohnen“ heißt. Also den Überblick bekommen, Ausschau halten und bewachen. Und das Wort „warten“ hat noch eine zweite Bedeutung: Auf etwas achtgeben, pflegen. Das kennt man. Vom Auto. Wenn man das Auto warten lässt. Geschieht aber das, was beim Auto selbstverständlich ist, bei mir denn auch regelmäßig? So wie ich beim Auto danach schauen lasse, ob es noch richtig fährt und dass es auch nicht gefährlich wird. Lasse ich mein Leben auch regelmäßig „warten“? Und was könnte das heißen?

Die Adventszeit ist genau so gemeint. Eine Art Kundendienst für die Seele. Den Motor mal ausstellen und checken, was sich so tut an Leib und Seele, wo es nicht rund läuft, holpert oder Aussetzer gibt. Wenn ich das, was mich antreibt einmal zur Ruhe kommen lasse, wenn ich mein Leben mal warten lasse, im doppelten Sinn warten lasse, dann kann sich mein Herz öffnen und mein Blick weiten. Dann kann ich achtsam werden für den Augenblick, achtsam für die Menschen um mich herum. Und vielleicht auch für das, worauf die Menschen im Advent eigentlich warten…

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