SWR3 Gedanken

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13DEZ2019
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„Fuck Up-Nights“, dass es die gibt, wusste ich bis vor kurzem noch nicht. Und das 4-Buchstaben-Wort nehme ich normalerweise auch nicht in den Mund. Aber die Veranstaltungen heißen nun mal so und sind für Menschen, die gescheitert sind - und zwar geschäftlich. Diese Veranstaltungen gibt es inzwischen weltweit, sie sind eine Mischung aus Business Meeting und After Work Event. Dabei erzählen 3 bis 4 Sprecher von ihrem beruflichen Scheitern. Zum letzten Treffen in Karlsruhe kamen 160 Leute. Abgesehen vom Titel find‘ ich die Idee richtig gut. Nach dem Motto „Wir geben dem Scheitern eine Bühne“ reden sich die jungen Leute, die zum Beispiel mit einem Start-up gescheitert sind, ihren Frust von der Seele. Halten dagegen in einer Gesellschaft, in der scheinbar nur Erfolg und Gewinner zählen. Und das ist auch gut so, denn Scheitern ist keine Schande und es ist gut, Schmerz und Enttäuschungen zu teilen. Denn dann tun sie nicht mehr so weh. Und es ist auch gut, aufgeben zu können. Denn zu  lange im Falschen zu sein oder für eine Sache oder eine Idee zu lange zu kämpfen kann zu Erschöpfung, zu Frustration und auch Depression führen. Scheitern können, die Fähigkeit aufzugeben, kann sehr entlastend sein. Sich frei machen von eigenen Ansprüchen, die vielleicht zu hoch sind oder von Ansprüchen anderer die nicht die eigenen sind. Aufgeben kann auch das Ende davon sein, seelische Energien zu verschwenden und vielleicht neue, bessere Möglichkeiten eröffnen. All das heißt natürlich nicht, etwas zu schnell aufzugeben oder kein Durchhaltevermögen zu haben. Nein, es heißt aber schon ein Gespür dafür zu entwickeln, wann etwas nicht mehr sein kann, sein soll oder sein darf. Und dann auch wirklich aufzugeben, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke.

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