SWR2 Wort zum Tag

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19DEZ2019
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„Fröhliche Weihnachten!“ ruft die Dame vor mir voller Freude ihrem Mann zu und umarmt ihn dabei heftig. Und auch er antwortet ihr voller Glück „fröhliche Weihnachten, mein Schatz!“

Perplex schaue ich auf das vor mir stehende Paar. Es ist mitten im August, wir sind in der Kirche und die beiden haben sich gerade vor dem Altar als Frau und Mann das Ja-Wort gegeben. Nun kommen auch die Trauzeugen und mit ihnen die ganze Familie nach vorne, es gibt kein Halten mehr. Alle umarmen sich, zuerst das Paar und dann auch alle anderen einander. Von allen Seiten ruft und schallt es „fröhliche Weihnachten!“. Und dann haben sich alle wieder hingesetzt und alles ging wieder seinen normalen Gang.

Es war ein wirklich überraschender Moment, und seither auch das erste und letzte Mal, dass ich so etwas erlebt habe. Eigentlich geht das ja gar nicht. Weihnachten feiert man an Weihnachten und nicht irgendwann mitten im Jahr. Wo kämen wir denn hin, wenn wir das ganze Jahr über Weihnachten feiern würden? Einfach so, nach Lust und Laune, wie jeder mag? Ja, wo kämen wir hin?

Vielleicht kämen wir dahin, das ganze Jahr über voll und ganz in einem Dreihundertfünfundsechzigtageweihnachtsfest aufzugehen. Mit einem durchgehend geschmückten Weihnachtsbaum und Klingglöckchenklingelingeling an jedem Tag. Ich fände das schlimm.

Vielleicht kämen wir aber völlig überraschenderweise auch dahin, dass der inhaltliche Kern des Weihnachtsfestes mit einem Mal im Mittelpunkt stünde: Dass Gott die Welt, die Menschen liebt. Und dass die Geburt des Christuskindes das Zeichen dafür ist. Und dass diese Liebe erfahrbar ist. In jedem Moment des Liebens und Geliebtwerdens.

Das Ehepaar hat dies so empfunden. Darum haben die beiden den Tag ihrer Hochzeit im August zum Weihnachtstag ihres Lebens erklärt und alle anderen mit ihrer Freude darüber angesteckt. Ganz unbedarft und unbekümmert und ansteckend. Wo kämen wir hin, wenn das alle täten?

Vielleicht kämen wir ja dahin, dass Weihnachten, das Fest der Liebe, viel präsenter, spürbarer, freudvoller erlebt und gelebt werden würde. Nicht nur an ein paar Tagen zu Weihnachten. Sondern übers ganze Jahr zu allen möglichen Gegebenheiten und Gelegenheiten! Lauter Festtage der Liebe, in vielen Momenten des Liebens und Geliebtwerdens. In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29920
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