SWR1 Begegnungen

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01DEZ2019
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Und mit Fiona Marker, Schülerin, 17 Jahre alt und Aktivistin der Fridays for Future Bewegung in Koblenz.Fiona Marker
Dass der Klimawandel ein Thema würde, sei ihr schon länger klar gewesen, erzählt sie mir bei unserem Treffen in ihrem Heimatort Urmitz, aber sie dachte, es ist noch Zeit. Doch dann kam Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik. 

Da hab ich mich gefragt, warum sie das macht, und hab mich in die Richtung informiert, und ich dachte eigentlich schon immer ich wär relativ viel öko gewesen, und hab einfach gemerkt, dass es viel viel schlimmer ist als ich gedacht hätte, und da konnte ich dann nicht nichts tun. 

Man muss etwa tun, jetzt sofort, es ist keine Zeit mehr zu verlieren, man muss laut sein, um gehört zu werden. Das ist der Ansatz von Fridays for Future. 

Das Wichtigste was man tun kann, ist seine Stimme erheben, nicht mehr weggucken, nicht mehr still sein, sondern jedes Mal egal wie nervig man sich selber vorkommt, egal wie lächerlich man sich auch teilweise selber vorkommt, es muss immer wieder gesagt werden, um es den Menschen nahe zu bringen. Lösungen haben wir eigentlich, wir haben einen Großteil der Lösungen, Energiewende, Verkehrswende, wir wissen, was wir tun müssen, die Wissenschaft hat es schon lange gesagt, es fehlt tatsächlich der politische Wille, es liegt nicht da dran, dass es nicht machbar ist, es liegt da dran, dass man es nicht machen möchte.  

Fiona Marker ist ein durch und durch politisch denkender Mensch, das wird mir schnell klar in unserem Gespräch. Jeder einzelne kann und muss etwas tun, aber letztendlich geht es nicht ohne einen grundlegenden Wandel, ohne eine große Transformation, und da ist die Politik gefordert, sagt sie. 

Es geht einfach nicht ohne diesen systemischen Wandel, dass wir, ja, einfach den Alltag neu denken müssen und das braucht halt wirklich dann politische Maßnahmen und es braucht auch politischen Mut und genau das ist das was im Moment fehlt.  

Die Politik hat die Rahmenbedingungen zu setzen, muss Vorgaben machen, damit alle wissen wo es lang gehen könnte.

Ich meine, selbst die Wirtschaft hat ja jetzt härtere Maßnahmen gefordert, die Politik gefährdet ja genau dadurch dass sie keine Rahmen schafft, gefährdet sie ja diesen Wirtschaftsstandort Deutschland, und deshalb ist es halt eigentlich ne Katastrophe wie unsere Politik gerade damit umgeht. 

Klingt nicht gerade optimistisch, und tatsächlich ist es ja so, wenn wir so weitermachen wie bisher, wird die Klimakatastrophe unausweichlich sein. Warum sie sich trotzdem selbst verbietet, pessimistisch zu sein, das verrät uns Fiona Marker nach dem nächsten Titel.

    

Teil 2

  

Fiona Marker geht aufs Bischöfliche Cusanus-Gymnasium Koblenz. Die 17-jährige gehört zu den Aktivisten der Fridays for Future Bewegung in Koblenz. Ihr Engagement hat auch mit ihrem Glauben zu tun, sie ist in ihrer Kirchengemeinde aktiv, war Messdienerin, ist jetzt Lektorin. Beim Einsatz der Kirchen für die Umwelt sieht sie noch viel Luft nach oben. 

Es wäre die reale Aufgabe der Kirche auf die Menschen zuzugehen und nicht nur in der Kirche zu predigen, sondern auch zu handeln, zu tun. Der Auftrag der Menschen ist ja, gut zu leben, sozial zu leben, füreinander zu sorgen und natürlich auch die Schöpfung zu bewahren, und das tun wir im Moment eben nicht. 

So groß die Herausforderung Klimawandel ist, so gering ist die Bereitschaft nicht nur der Politik, sondern auch vieler Bürgerinnen und Bürger zur Veränderung, zur Umkehr, zur Änderung des Lebensstils, da deckt sich meine Einschätzung mit der von Fiona Marker. Muss man angesichts dieser Trägheit nicht pessimistisch sein? 

Pessimistisch sein ist hier ganz gefährlich, das ist auch das große Problem, weil man versuchen muss eben nicht pessimistisch zu sein, was durchaus schwierig sein kann, aber pessimistisch zu werden kann nicht die Lösung sein, also ich erwisch mich da zwar auch ganz häufig, dass ich sage, ach das bringt doch eh nix mehr, andererseits doch, es bringt was, wir haben noch Zeit, wir haben die Möglichkeiten, wir haben die Lösungen, und wenn wir alle zusammen, durch alle Bevölkerungsschichten und alle sozialen Schichten hindurch durch die Gesellschaft wenn wir alle zusammen arbeiten, dann können wir das Ding noch drehen, es wird schwierig, es werden große Veränderungen sein, aber wir können es schaffen und wir können es auch nur gemeinsam schaffen. 

Und wie viel Zeit haben wir noch? Auch die Wissenschaft sei sich noch nicht sicher, wann genau welche irreversiblen Schäden auftreten, sagt sie. Klar sei aber: 

Je länger wir warten, desto teurer und desto schwieriger wird es, die Klimakrise noch aufzuhalten beziehungsweise einzudämmen. Das Zeitfenster schließt sich eben, und es sind vielleicht zehn, vielleicht zwölf Jahre, aber es ist auf jeden Fall ne sehr sehr kurze Zeitspanne, wenn man bedenkt, wie langsam die Politik reagiert, wir müssen es jetzt angehen, wir haben keine Zeit zu verlieren und wir müssen jetzt sofort, eigentlich müssen wir gestern schon angefangen haben.     

Und genau deshalb wird das nicht eintreten, was manche Neunmalklugen denken, sagt sie. Das mit den Schülern werde sich schon wieder beruhigen. 

Das Thema ist jetzt für alle Zeiten beziehungsweise die Zeit, die uns noch bleibt, gesetzt, wir haben nicht den Luxus sagen zu können, das regelt sich dann irgendwann, also sobald man sich einmal umfassend informiert hat und diese Information akzeptiert, hat man keine Wahl, und das ist der Grund, weshalb wir nicht wieder weggehen werden, wir werden so lange kämpfen, bis wir das haben. Wir müssen das schaffen.  

Engagiert und zupackend, gut informiert und mit einem erstaunlichen politischen Durchblick. So habe ich Fiona Marker erlebt. Ich gestehe: Es ist lange her, dass mich eine 17-Jährige derart beeindruckt hat.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29896
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