SWR4 Abendgedanken

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28NOV2019
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Eine deutsche Moderatorin beschwert sich, dass Männer sich nicht schminken sollen. Das sei unmännlich. Die Chefredakteurin einer Modezeitschrift beleidigt einen Stylisten auf der Berliner Fashionweek, dass er zu fett sei. Und ein Smoothie-Hersteller wirbt für seine Produkte mit sexistischen Sprüchen. Die Liste könnte lange weitergeführt werden - Beleidigungen dieser Art sind leider Alltag. Nicht nur in der digitalen Welt und unter Prominenten – sondern genauso auch bei uns, im Klassenzimmer, im Freundeskreis, in der Familie, auf der Arbeit oder mitten auf der Straße.

Daher finde ich es wirklich super, dass in solchen Fällen immer wieder Menschen sehr schnell öffentlich dazu Stellung nehmen und sich klar gegen solche Aussagen positionieren. Sie beweisen Zivilcourage, indem sie sich auf die Seite der beleidigten Personen stellen und deutlich machen: Alberne Rollenbilder, Bodyshaming und Sexismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Männer sollen sich schminken dürfen, für die Berliner Fashionweek ist niemand zu fett und sexistische Sprüche haben in der Werbewelt einfach nichts zu suchen.

Ich bin dankbar, dass so viele Menschen laut werden und sich gegen solche Meinungen solidarisieren. Denn ich finde, Meinungen, die die Würde anderer Menschen verletzten, die respektlos sind, die dürfen nicht einfach so stehen gelassen werden. Aber gerade weil solche Meinungen verletzen, passiert es oft, dass eine sachliche Diskussion kaum mehr möglich ist. Statt über die diskriminierenden Äußerungen zu sprechen, werden die Menschen, die sich geäußert haben – in dem Fall die Moderatorin, die Chefredakteurin und der Smoothiehersteller – als Personen gehasst, verurteilt und sogar bedroht. Und auch das passiert nicht nur in der digitalen Welt und unter Prominenten – sondern genauso auch bei uns, im Klassenzimmer, im Freundeskreis, in der Familie, auf der Arbeit oder mitten auf der Straße.

Ich bin mir sicher: Wir können nicht diskutieren, wenn wir hassen. Wenn wir unser Gegenüber vernichten wollen, werden wir nichts verändern können. Ich glaube, solch ein Hass verhärtet nur die Fronten und lässt nicht zu, dass wir unsere Meinung austauschen und vor allem Meinungen verändern können. Wenn ich mein Gegenüber von meiner Meinung überzeugen möchte, dann ist es wichtig, ihn oder sie als Menschen zu respektieren und auf dem Schirm zu haben: Dieser Mensch ist genauso wie ich ein Abbild Gottes – ein Mensch, von Gott gewollt und mit derselben Würde wie wir alle; der es genauso wie alle anderen verdient hat, respektvoll behandelt zu werden.

Wenn wir also etwas erreichen wollen, wenn wir Meinungen verändern und starre Rollenbilder, Sexismus und Körpernormen wirklich abschaffen wollen, dann lasst uns nicht mit Hass reagieren. Sondern mit Respekt. Denn genau den wünschen wir uns doch für uns selbst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29840
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