SWR2 Wort zum Tag

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19NOV2019
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Ich glaube, wir Menschen sind oft ganz schön zupackende Wesen. Und ich frage mich. Wäre weniger zupackend manchmal besser?
Ich kann arg zupackend sein. Den Dingen der Welt gegenüber. Und nicht nur ich.
Wir gehen bei vielen Dingen davon aus, dass sie für uns da sind. Die Welt hat uns zu nützen. Manchmal gehen wir noch weiter: die Dinge haben ihre Daseinsberechtigung darin, dass sie einen Zweck für uns haben.

Und so denken wir nicht nur von „toten“ Dingen, wie zB. dem Benzin, das Sie und ich eventuell heute verfahren. Auch Lebendiges machen wir für uns zum Ding. Verzwecken und verbrauchen es. Was ich esse, fast alles ist mal lebendig gewesen. Ich verbrauche es.

Aber das geht ja nicht anders, sagen Sie. Wir leben als Menschen davon, dass wir uns anderes Leben einverleiben. Es für uns zum Zweck machen.  Ja, das ist wohl so, aber oft genug merke ich das nicht einmal mehr. Wie ich aus etwas Lebendigem mein Ding mache.

Und ich packe nicht nur als Verbraucher zu. Beim Spazierengehen bricht man eine Blume ab. Weil man sie haben will. Sogar wenn ich fotografiere, packe ich zu. Ich banne Welt in ein Foto. Und vielleicht erfreue ich mich am Foto mehr als an dem Leben, das es zeigt.
Ich glaube, es wäre gut, wenn ich öfter nicht so zupacken würde.

In der Welt nicht nur das sehen, was man verbrauchen und aneignen kann. Sondern Dinge Geschöpfe sein lassen, die ihren Wert in sich haben. In der Bibel ist zB. die Rede davon, Gott hat vieles geschaffen aus Freude daran.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich Dinge sie selbst sein lasse, werden sie oft neu lebendig. Aber dafür darf ich eben nicht nur zupacken.

Wir können auch anders. Ich kann die Dinge der Welt betrachten, anschauen. Dankbar sein. Manchmal auch erschrecken. Auf jeden Fall sie achten als etwas Eigenes, das sein Geheimnis hat. Und das auch dann gut ist, wenn ich es nicht zum Zweck für mich mache.

Eine Biene, ein Baum sind mehr als nur nützlich für uns. Ich kann über den Baum staunen. Wie er sich nach oben hin verästelt. Ich kann mich freuen an den Farben seiner Blätter. Dinge, über die man ins Staunen gerät, lösen in uns Resonanz aus. Mein Verhältnis zur Welt verändert sich und ich mich. Jesus hat in der Bibel angeregt zu einem weiten resonanten Weltverhältnis.

„Seht die Vögel unter dem Himmel, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen - und unser himmlischer Vater ernährt sie doch.“ Hat Jesus gesagt. Ich glaube: Wenn ich die Dinge der Welt öfter so sehe. Das schafft Resonanz. Die Dinge können sich sogar öffnen für Gott. Und mich auch.

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