SWR3 Gedanken

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„Wer Warten kann hat viel getan“. Wie bitte? Warten ist doch der Inbegriff von passiv sein, von einem irgendwie erzwungenen Nichtstun. Und daraus soll sich dann etwas entwickeln? Sogar viel tun? Ja schon, der Volksmund hat schon recht, wenn er mit warten nicht aussitzen oder verdrängen meint. Dinge mal ruhen lassen kann viel produktiver sein als immer nur aktiv zu sein. Das Wort warten heißt ursprünglich „auf der Warte wohnen“. Also den Überblick bekommen, Ausschau halten und bewachen. „Warten“ hat noch eine zweite Bedeutung: Auf etwas acht haben, etwas pflegen. Das kennt man. Vom Auto, wenn man das Auto warten lässt. Geschieht aber das, was beim Auto selbstverständlich ist, auch bei mir? Lasse ich mein Leben auch regelmäßig „warten“? Die Adventszeit ist genau so gemeint: Eine Art Kundendienst für die Seele. Den Motor mal ausstellen und checken was sich so tut an Leib und Seele. Und wie könnte das gehen? Das, was mich antreibt einmal zur Ruhe kommen lassen, mein Leben mal warten lassen, im doppelten Sinn warten lassen.
Damit sich mein Blick weiten und mein Herz öffnen kann. Wenn ich achtsam werde.
Achtsam – das könnte heißen verlangsamen. Dinge und Menschen wahrnehmen, anders wahrnehmen, neu wahrnehmen. Nicht im Vorbeirauschen, sondern mit Zeit. Achtsam, das könnte heißen hinschauen, hinschauen auf das, was wesentlich ist. Auf die Körperhaltung eines Menschen, auf seine Ausstrahlung, in seine Augen. Achtsam sein könnte hinhören heißen. Nicht nur auf das, was jemand sagt, sondern wie er es sagt. Und achtsam könnte auch heißen: Stiller werden. Still sein. Die innere und äußere Ruhe aushalten, sie mal wieder erfahren oder genießen. Je nach dem.
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