SWR3 Gedanken

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16NOV2019
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Ich liebe Smalltalk. So ein kleines Gespräch übers Wetter oder über den Verkehr, das mag ich. Egal ob beim Bäcker oder an der Bushaltestelle. Ich mag das, wenn jemand mit mir ein bisschen mehr spricht, als er unbedingt muss.

Aber Smalltalk kann mir auch zu viel werden. Vor allem, wenn ich müde bin oder irgendwie mit mir selber beschäftigt. Dann habe ich keinen Kopf dafür und mir ist selbst das kleinste Gespräch übers Wetter zu viel.

Bei meinem letzten Frisörbesuch war das so. Ich war hundemüde und wollte einfach nur abschalten. Wie gut, dass die Frisörin das gemerkt hat und meine Haare geschnitten hat ohne mit mir zu sprechen.

Das Problem war das Gespräch neben mir. Das war eben kein Smalltalk, da haben zwei Frauen ohne Punkt und Komma gequatscht. Erst über den Riesenstreit, den die eine gerade mit ihrem Vater hat. Und wie unmöglich der sich verhält. Als nächstes war dann noch um die neue Frau vom Nachbarn gegenüber dran.

Anstrengend war das. Mich hat dabei vor allem gestört, dass die beiden immer nur über andere gesprochen haben. Kein einziges Wort über sich selbst.

Ich kenne das. Ich kann mich auch tierisch über andere aufregen. Aber da beim Frisör, als ich mir das alles anhören musste, da habe ich gemerkt, wie schön so ein kurzes Gespräch übers Wetter oder über irgendwas anderes sein kann. Das verletzt zumindest niemanden und wenn ich will, kann ich dabei auch noch was über mich sagen. Ob mich der Regen nervt oder nicht. Ob der Nebel auf meine Stimmung schlägt oder ob ich es mag, wenn es neblig ist. Deswegen mag ich den Smalltalk so. Weil ich da selbst im Gespräch mit einem Fremden ein bisschen was von ihm erfahre und dabei auch was über mich sagen kann.

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