SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Nach seinem Tod fand man eingenäht in seine Kleider ein eigenhändig beschriebenes Blatt. Jahrelang hatte es der französische Mathematiker Blaise Pascal mit sich herumgetragen, ohne dass irgend jemand davon wusste, so wichtig war es ihm. Nur wenige Zeilen stehen auf dem Blatt: „Seit ungefähr abends zehn einhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht: Feuer. Freude, Freude, Freude und Tränen der Freude.“. Da hatte offenkundig etwas mit ungeheurer Wucht eingeschlagen im Leben dieses Menschen. Was Blaise Pascal mit dem genauen Datum 23. November 1654 notiert, ist das Dokument seiner Lebenswende. Endlich findet der geniale Wissenschaftler Gewissheit, findet Gott in seinem Leben. Es ist „der Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Gott der Philosophen und Gelehrten“. Dieses sogenannte ‚Memorial’ trug er immer bei sich, es sollte nie mehr vergessen werden -. Blaise Pascal, der große Denker, Erfinder der ersten Rechenmaschine, hatte endlich den Fund fürs Leben gemacht, die Gegenwart Gottes erfahren.
Pascal selbst notiert scharfsichtig: „Drei Arten von Menschen gibt es: die einen, die Gott dienen, weil sie ihn gefunden haben; die anderen, die ihn suchen, weil sie ihn nicht gefunden haben; die dritten, die leben, ohne ihn zu suchen und ohne ihn gefunden zu haben. Die ersten sind vernünftig und glücklich, die letzteren sind töricht und unglücklich, die dazwischen sind unglücklich und vernünftig.“ (Pensées, Fragment 257). Die bunte Vielfalt des Lebens bringt der Denker konzentriert auf den Punkt: die einen, die suchen, bis sie Gott gefunden haben – die sind zwar unglücklich und immer noch auf der Suche, aber höchst vernünftig und wirklich am Ball! Jene, die wie schließlich Pascal, sich von Gott schon finden ließen und ihn gefunden haben, sind natürlich glücklich – und vernünftig zudem. Ihr Glaube ist nicht irrational, kein bloßes Gefühl oder eine blinde Erfahrung, es ist eine Gewissheit, die dem fragenden Denken standhält und unmittelbar einleuchtet. Die dritten sind die ärmsten, Pascal nennt sie unglücklich und unvernünftig: sie leben so dahin, sie lassen sich von allem möglichen erfüllen und unterströmig geht ständig das traurige Wissen mit, dass alles irgendwie nicht stimmt und nicht genügt. Sie sind auf der Suche, aber sie suchen nicht; sie lenken sich dauernd ab, aber das Leben ist ein einziges Stochern im Nebel. Pascal aber weiß aus eigener Erfahrung, wie tief unbefriedigend das ist: Suchen und sich finden lassen, Finden und tiefer suchen – das ist das Geheimnis des Glaubens, das Geheimnis des Lebens.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2974
weiterlesen...