SWR3 Gedanken

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15NOV2019
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Nicole sitzt am Schwimmbadrand. Es ist frühmorgens und außer ihr ist niemand da. Nicole ist meine Cousine und sie hat mir erzählt, dass sie deswegen manchmal extra früh aufsteht. Und wie sie das genießt, wenn sie morgens noch das ganze Becken für sich hat.

Erstmal lässt sie sich vorsichtig ins Wasser runter und dann wartet sie. Sie genießt jetzt ihren ganz besonderen Moment. Dafür bleibt Nicole erstmal wo sie ist. Sie macht nichts bis das Wasser vor ihr ganz ruhig ist und es im ganzen Becken keine einzige Welle mehr gibt. Diese absolute Ruhe im Wasser, die genießt Nicole. Sie mag es, wenn das viele Wasser so reglos vor ihr liegt. Und dann beginnt sie sich zu bewegen. Sie fährt mit ihren Armen ganz langsam durch das Wasser. Ganz bewusst schiebt sie das Wasser vor ihr auseinander. Und dabei denkt sie: „Das sind jetzt meine Wellen. Nur meine, ganz allein.“ Und dann taucht sie unter und schwimmt los.

Meine Cousine hat mir erklärt, wieso sie diesen einen Moment kurz bevor sie los-schwimmt so toll findet. „Weißt du, genauso möchte ich leben. Dass die Wellen, die ich mache, sich ganz zart ausbreiten. Und dass sich das durchträgt, was ich in meinem Bereich bewirke – bis an den Rand. Das wär´s, wenn ich so sanft und rund etwas in Bewegung bringen könnte so wie diese Wellen.“

Ich bin skeptisch: „Das ist nicht realistisch.“ sage ich. „Jeder eckt mal bei anderen an oder gibt etwas von sich, was sich alles andere als sanft ausbreitet. Vor allem dann, wenn andere auch ihre Wellen machen und dann alles durcheinander geht.“

Nicoles Antwort: „Trotzdem: das ist mein Traum und dafür lebe ich. Dass ich ab und zu selber so bin -so wie eine erste, sanfte Welle.“

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