SWR3 Gedanken

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13NOV2019
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Manchmal kann man in den schwersten Zeiten ganz klar sehen.

Patrick hat das in diesem Sommer erlebt. Es hat damit angefangen, dass Patricks Vater plötzlich schwerkrank geworden ist. Erst die Diagnose, dann Krankenhaus und Chemo. So oft es ging, ist Patrick ins Krankenhaus gefahren und dort hat er immer mehr begriffen: "Mein Papa schafft das diesen Sommer nicht mehr." Und so war es dann auch.

Die Beerdigung war schlimm für Patrick. Er hat mir erzählt: „Ich war wie im Tunnel und habe gar nicht viel mitbekommen. Zum Beispiel wer alles da war, oder was der Pfarrer gesagt hat. Wie betäubt hat sich das alles angefühlt. Auch als wir nach der Beerdigung mit der Familie noch zusammengeblieben sind.“

Erst spät am Abend ist Patrick aus seinem Tunnel rausgekommen. Das war auf dem Heimweg, als er allein zu Fuß durch den dunklen Ort gelaufen ist. Patrick hat mir erzählt: „Ich war total müde. Aber dann habe ich auf einmal den Mond gesehen. Der war so klar und groß wie noch nie. Sofort wusste ich: Das ist mein Papa. Der ruft mich.“

Patrick ist sofort Richtung Friedhof umgekehrt und ist nochmal zum Grab. Er sagt: „Erst jetzt sind bei mir alle Dämme gebrochen. Endlich sind die Tränen gekommen. Es war furchtbar, aber es hat auch gutgetan. Die Tränen haben gar nicht mehr aufgehört, das war Wahnsinn.“ 

Obwohl Patrick´s Geschichte wirklich traurig ist. Ich finde die Aussicht gut oder fast beruhigend, dass man plötzlich ganz klar sehen kann, auch wenn man ganz unten ist und gar keinen Halt mehr hat.

Patrick hat den Mond ganz klargesehen und sich dadurch seinem Vater ganz nah gefühlt. Sein Vater ist nicht weg. Die Verbindung steht. Patrick hat das begriffen und der Knoten in ihm drin hat sich endlich gelöst.  

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