SWR4 Sonntagsgedanken

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03NOV2019
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Heute möchte ich Ihnen von einem Mann erzählen, der davon gekommen ist. Er ist verschont geblieben, als es um ihn herum so richtig chaotisch zuging. Er und seine Familie: wohlbehütet und weit weg von der Gefahrenzone. Als ihm das klar geworden ist, da hat er seine Konsequenzen daraus gezogen.

Ich möchte Ihnen heute von Noah erzählen, Sie erinnern sich sicher an diese alte Geschichte aus der Bibel: Noah und seine Arche. Der große Holzkasten, der für Noah und seine Familie Platz bietet. Und für jeweils zwei Tiere von jeder Tierart. Als alle an Bord waren, so erzählt es die Geschichte, hat es tagelang geregnet und alles ist bei dieser großen Flut untergegangen. Die große Flut, das war die Folge der menschlichen Bosheit, erzählt die Bibel. Gott hat nur die Menschen und Tiere, die auf der Arche waren, verschont. Nur denen wollte er nochmal eine Chance geben.

Wenn ich es mir recht überlege, geht es mir ja so ähnlich wie Noah.

Ich sitze ja gewissermaßen auch auf einer Arche und bin durch meine Ausbildung, meinen Beruf, meine Gesundheit, meinen Lebensstandard bestens versorgt. Ich lebe nicht in einem Land wie – Nordkorea z.B. Muss nicht vor Bombenangriffen fliehen wie derzeit viele Menschen im Norden von Syrien.

Nicht nach mir, sondern neben mir eine Sintflut aus chaotischen Lebens- und Umweltbedingungen! Neben mir leiden viele Menschen und Tiere daran. Noah ist davon gekommen. Und was hat er da getan? Was hat er geglaubt?

Die Bibel erzählt, dass Noah als erstes einen Altar gebaut hat, als er aus der Arche gestiegen ist. Vor diesem Altar hat Noah dann als erstes gebetet. Und dann erst werden die Ärmel hochgekrempelt, um aufzuräumen.

Und Noah hat geopfert, erzählt die Bibel. Von dem, was ihm geblieben war, hat er geteilt. Opfern ist ja so, als würde man etwas von seinen Sachen mit Gott teilen. Ich finde das beachtlich, welche Konsequenzen Noah aus der großen Flut gezogen hat.

Noah denkt an Gott und dankt: Ich glaube, das macht sensibel und bewahrt vor Hochmut und Überheblichkeit. Danke, lieber Gott, dass es mir so gut geht. Aber vergiss bitte auch die nicht, die schlechter dran sind. Vielleicht kann ich sogar dabei mithelfen, dass die nicht vergessen sind.  Noah denkt an Gott und teilt:

Ein Teil, der meinem Zugriff entzogen bleibt, ein Teil, das nicht für mich etwas bringen muss, etwas für mich erwirtschaften muss. Das, was ich habe, gehört mir ja letztlich nicht: die Tiere, das Ackerland, die Rebflächen, der Wald, die Weltmeere. Die kann ich nutzen, darf davon leben. Aber ich muss respektvoll damit umgehen. Das ist doch Gottes Schöpfung. So wie Noah danken, teilen und darauf hoffen, dass auch nach der großen Flut ein Gott da ist, der es gut meint, und zwar nicht nur mit mir. Das gibt Halt, glaube ich. Und das motiviert, die Ärmel hochzukrempeln und ein wenig in dem großen Chaos für Ordnung zu sorgen. 

Und Gott? Der hat aus der Sintflut offensichtlich auch seine Konsequenzen gezogen. Nie wieder, so erzählt es die Bibel, sollte so etwas passieren. „Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Hat Gott versprochen. So sorgt Gott also auch für uns, für mich, hoffe ich. Auch wenn er sich offensichtlich keine Illusionen darüber macht, dass wir Menschen so sind, wie wir sind. Keine Heiligen. Nicht perfekt. Manchmal nicht Herr über die eigenen Gefühle. Manchmal eben doch ziemlich egoistisch und neidisch. Oder einfach nur ein bisschen zu faul, um sich fürs Gutes tun aufzuraffen. Es ist nicht alles „sehr gut“ wie vormals im Paradies. Im Gegenteil, manchmal geht es sehr grausam und unfair zu. In sozialen Netzwerken z.B., da ist der Ton sehr sehr rau geworden:

„Das Dichten und Trachten des Menschen Herz ist böse von Jugend auf.“ So Gottes nüchterne Erkenntnis. Auch das hat die Bibel festgehalten. Umso tröstlicher für mich: Gott hat sich vorgenommen, trotzdem Geduld zu haben, damit so etwas wie die Sintflut nie wieder passiert. Und deswegen hat er diesen Bogen an den Himmel gesetzt. Der Regenbogen – ein Naturphänomen. Die Bibel sieht es als ein Zeichen, dass Gott zu dieser unvollkommenen Welt hält.

Der Regenbogen soll zeigen:  Von Gottes Seite aus nie wieder so ein Chaos, das alles mit sich reißt, vor allem Unschuldige. Tiere. Pflanzen. Das ganze Ökosystem. Sondern Bewahrung. Beistand. Segen. Sehr hoffnungsvoll, wie die Geschichte von Noah zu Ende geht, finde ich.

Der Regenbogen. Ein Hoffnungszeichen, das bleibt. Nicht nur für den Teil der Menschheit, der wirtschaftlich und klimatisch besonders gut aufgestellt ist. Nicht nur für die Anhänger einer Religion, einer Kultur. Ein Hoffnungszeichen für eine Welt, in der vieles wunderschön ist, aber eben manches auch fürchterlich. Nie wieder Sintflut. Gott wird dafür sorgen, dass es sich leben lässt. Auch wenn diese Welt kein Paradies ist.

Gottes Regenbogen: eine Ermutigung, auch in dieser zweitbesten aller Welten weiterzumachen, nach vorne zu schauen, die Ärmel hochzukrempeln. Glücklich zu sein. In diesen Sinn: Viel Glück für das, was Sie sich für die neue Woche vorgenommen haben. Viel Segen dafür. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag. Bleiben Sie behütet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29719
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